Rund um den Mittelrhein (3)

Deutschland besuchen Rund um den Mittelrhein (3) Rheinromantik „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin…“ – dieses durch F. Silcher vertonte Gedicht Heinrich Heines von der Loreley ist der Inbegriff der Rheinromantik. Das...

Der Harz ****

Lage

Der Harz ist das höchste Gebirge im Norden Deutschlands. Er liegt an der Schnittstelle der Länder Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Er ist 110 km lang und 30-40 km breit. Im Nordwesten begrenzt ihn die Stadt Seesen, im Südosten die Martin Luther[1]-Stadt Eisleben.

Klima

Die Temperaturen sind insgesamt etwas niedriger als in der Ebene. Der Harz ist sehr niederschlagsreich. Wegen der guten Luft gibt es viele Luftkurorte, die besonders für Asthmakranke und Menschen mit Pollenallergien gesund sind. In Clausthal-Zellerfeld ist das Klima so rau und der Winter so lang und schneereich, dass der Name der Stadt scherzhaft in „Saukalt-Schnellerkält“[2] umbenannt wurde. Man sagt, die Universität dort habe als einzige Uni zwei Wintersemester[3].

Berge

Der nordwestliche Teil des Harzes ist höher und wird Hochharz genannt, der südöstliche Unterharz. Der höchste Berg ist der Brocken mit 1.141 m. Seine Nebengipfel sind die Heinrichshöhe (1.044 m) und der Königsberg (1.023 m). Andere bekannte Berge sind der Wurmberg (971 m) bei Braunlage, der Achtermann (925 m) und der Acker-Bruchberg-Höhenzug (927 m). Der Name kommt von „Hart“, was „Bergwald“ bedeutet. Die Berge sind im unteren Bereich mit Laubbäumen, vor allem mit Buchen, bewaldet. In den höheren Regionen (zwischen 800 und 1000 m) wachsen Fichten. Eine Besonderheit sind die Hochmoore im Harz, die in der letzten Eiszeit entstanden sind.

Gewässer

Im Harz gibt es viele Flüsse, die zum Teil aufgestaut wurden. Diese Stauseen dienen der Stromerzeugung, der Trinkwassergewinnung und zum Ausgleich bei Hoch- oder Niedrigwasser. Die größten Flüsse sind die Oder im Süden, im Osten die Wipper und im Norden Innerste, Oker und Bode.

Wirtschaft

Der Harz besteht aus vielen verschiedenen Gesteinen, die Bodenschätze enthalten. Des-halb ist der Bergbau sehr wichtig gewesen. Im Mittelalter hatte das Kloster Walkenried (bei Bad Sachsa) großen wirtschaftlichen Einfluss auf den gesamten Harz mit Ackerbau, Fischzucht und Silberbergbau im Oberharz. Während der Silberbergbau den Oberharz prägte, war es im Ostharz der Kupferschieferabbau. Heute sind besonders die Kalkvorkommen bei Bad Grund und Elbingerode von Bedeutung. Neben Bergbau ist die Forstwirtschaft wichtig. Die Technische Universität Clausthal-Zellerfeld entwickelte sich aus einer Bergbau-Schule. Sie ist jetzt ein Zentrum für naturwissenschaftliche und ingeni-eurtechnische Forschung. Eine neuere Universität ist die Hochschule Harz mit den Standorten Wernigerode und Halberstadt.

Von großer wirtschaftlicher Bedeutung für den Harz ist auch der Tourismus. Der Harz ist im Sommer durch viele Sportmöglichkeiten sehr attraktiv: Wandern, Mountainbike fahren, Klettern, Drachenfliegen, Kanufahren oder Wildwasserpaddeln. Im Winter locken ebenfalls verschiedene Wintersportmöglichkeiten.

Sehenswürdigkeiten

Am Brocken ist ein Urwaldstieg[4] gebaut worden, auf dem man über 200 m den Brockenurwald[5] betrachten kann. Er ist Teil des Nationalparks Harz. Es gibt zahlreiche Tropfsteinhöhlen im Harz, die besichtigt werden können, z.B. die Iberger Topfsteinhöhle bei Bad Grund. Interessant sind auch die vielen stillgelegten Bergwerke, die als Schaubergwerke oder Bergwerksmuseen dienen.

Die Städte in und um den Harz haben vielfach ihre historischen Ortskerne erhalten und sind sehr sehenswert. Quedlinburg war einst Kaiserresidenz[6] und ist heute UNESCO Weltkulturerbe mit 1200 Fachwerkhäusern aus sechs Jahrhunderten. Auch Goslar wurde vom deutschen Kaiser im Mittelalter regelmäßig besucht. Davon zeugen noch die Kaiserresidenz, das Kaiserringhaus oder Kaiserworth. Der deutsche Heimatdichter Hermann Löns bezeichnete Wernigerode als „die bunte Stadt am Harz“, wahrscheinlich wegen ihrer vielen Fachwerkbauten. Über ihr thront ein Schloss, das heute ein Museum ist. Die Stadtmitte wird von einem der schönsten Rathäuser Europas geprägt. In Clausthal-Zellerfeld findet man die größte erhaltene Holzkirche Europas sowie Geburts- und Jugendhaus des berühmten Mikrobiologen Robert Koch.

Sprache und Brauchtum

Zweimal wurde der Harz fast entvölkert: Das erste Mal durch die Pest im 14. Jahrhundert, das zweite Mal während des 30-jährigen Krieges (1618-1648). Um den Bergbau wieder aufleben zu lassen, wurden Menschen aus dem Erzgebirge im Harz angesiedelt, die ihre Mundart mitbrachten. In einigen Orten sprechen noch einige der älteren Leute die sogenannte Oberharzer (Ewerharzer) Mundart.

Das Brauchtum[7] wird durch Heimatgruppen gepflegt, z.B. werden so die alten Trachten[8] erhalten, die Mundart und auch die Harzer Heimatmusik.

Maler und Dichter

Trotz des rauen Klimas hat der Harz auch Künstler angezogen und inspiriert. Caspar David Friedrich, Ludwig Richter und viele andere malten ihn. Goethe, Heine, Eichendorff und der Däne Hans Christian Andersen bereisten und schrieben über ihn.

„… Auf die Berge will ich steigen,
Wo die frommen Hütten stehen,
Wo die Brust sich frei erschließet,
Und die freien Lüfte wehen …
Heller wird es schon im Osten
Durch der Sonne kleines Glimmen,
Weit und breit die Bergesgipfel
In dem Nebelmeere schwimmen …“
(Heinrich Heine, Harzreise)

Heike T.

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 2/2011

 

[1] Luther – durch ihn begann im 16. Jahrhundert die Reformation – wurde in Eisleben geboren und starb dort.
[2] Clausthal-Zellerfeld und Saukalt-Schnellerkält klingen ähnlich.
[3] Der Sommer ist so kalt, dass er wie Winter ist – ein Scherz!
[4] ein aus Holz gebauter, erhöhter Weg, so dass man von oben den Urwald ansehen kann (vgl. Der Baumkronenweg)
[5] ein Wald, der nicht vom Menschen beeinflusst wird
[6] Der deutsche Kaiser wohnte im Mittelalter nicht an einem festen Ort, sondern in verschiedenen Städten.
[7] Sitten und Bräuche, Traditionen, Kultur
[8] Kleidung, die früher für diesen Ort typisch war

Der Brocken im Harz

Der Brocken im Harz, dem nördlichsten Mittelgebirge Deutschlands, ist mit 1141m der höchste Berg Norddeutschlands. Sein Gipfel liegt oberhalb der Baumgrenze. Das gesamte Gebiet des Hochharzes um den Brocken herum ist Nationalpark.

Auf dem Gipfel des Brockens herrscht ein raues alpines Klima – vergleichbar etwa mit dem in Island. Oft weht ein kalter und nasser Wind mit Geschwindigkeiten von bis zu 260 km je Stunde. An vielen Tagen liegt seine Spitze im Nebel.

Ein geheimnisvoller Ort

Vielleicht ist es gerade dieses extreme Klima, das den Brocken zu einem so geheimnisumwobenen Ort macht. Seit dem späten Mittelalter ist der auch als Blocksberg bekannte Brocken der berühmteste „Hexentreffpunkt“ in Europa. Johann Wolfgang von Goethe, der selbst dreimal den Brocken bestieg, beschreibt die sogenannte Walpurgisnacht[1] in seinem Faust-Drama.

Schon seit Jahrhunderten zieht der Brocken die Besucher in seinen Bann. Heinrich Heine bestieg als Student den Brocken. Seine Eindrücke darüber schildert er in der „Harzreise“, die mit folgenden Versen beginnt:

Auf die Berge will ich steigen,
Wo die frommen Hütten stehen,
Wo die Brust sich frei erschließet[2],
Und die freien Lüfte wehen.
Auf die Berge will ich steigen,
Wo die dunkeln Tannen ragen,
Bäche rauschen, Vögel singen,
Und die stolzen Wolken jagen.

Spione und Touristen

Auch wenn die Aussicht nicht immer gut ist, so hatte die Lage des Brockens doch andere Vorteile. 1936 wurde der erste Fernsehturm der Welt auf dem Berg erbaut. Und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Brocken auch umfangreich für Überwachungs- und Spionagezwecke genutzt. Auf dem Gipfel befanden sich zwei große und leistungsfähige Abhöranlagen, die weit in das westdeutsche Gebiet hineinhorchen[3] konnten. Eine davon gehörte dem sowjetischen Militärgeheimdienst. Da der Brocken im unmittelbaren Grenzgebiet zwischen der DDR und der BRD lag, war er ab 1961 militärisches Sperrgebiet. Seit dem 3. Dezember 1989 ist der Brockengipfel wieder frei zugänglich. 1994 verließen die letzten sowjetischen Soldaten den Brocken. Die militärischen Anlagen wurden inzwischen komplett abgerissen und das Gebiet renaturiert[4].

Heute ist der Brocken mit etwa zwei Millionen Besuchern im Jahr das beliebteste Ausflugsziel im Harz. Viele Besucher sparen sich die Mühe des Aufstiegs und fahren stattdessen mit der schon 1899 eröffneten Brockenbahn. Von Wernigerode aus fährt sie mit Dampflokomotiven bis auf den Brockenbahnhof [5]. Er ist heute mit 1125 m der höchste Schmalspur-Bahnhof in Deutschland.

Auf dem Gipfel befinden sich das Brockenmuseum und der bereits 1890 angelegte Brockengarten[6] sowie Restaurants und ein Hotel. Mit etwas Glück (d. h. bei gutem Wetter) kann man vom höchsten Harz-Gipfel einen Blick weit ins Land hinein genießen.

Auf dem Brocken

Heller wird es schon im Osten
Durch der Sonne kleines Glimmen.
Weit und breit die Bergesgipfel
In dem Nebelmeere schwimmen.
Hätt ich Siebenmeilenstiefel[7],
Lief ich, mit der Hast des Windes,
Über jene Bergesgipfel
Nach dem Haus des lieben Kindes.
Von dem Bettchen, wo sie schlummert,
Zög ich leise die Gardinen,
Leise küsst ich ihre Stirne,
Leise ihres Munds Rubinen.
Und noch leiser wollt ich flüstern
In die kleinen Lilienohren[8]:
Denk im Traum, dass wir uns lieben,
Und, dass wir uns nie verloren.
Aus der „Harzreise“ von Heinrich Heine

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 4/2006

 

[1] die Walpurgisnacht: die Nacht zum 1. Mai, in der sich (nach altem Volksglauben) die Hexen zum Tanz treffen
[2] [wo man frei atmen kann]
[3] horchen: (hier) heimlich bei etwas zuhören – lauschen
[4] renaturieren: wieder in einen naturnahen Zustand zurückführen
[5] Die Spurweite beträgt 1000 mm
[6] Er beherbergt etwa 1800 Pflanzenarten. Im Gegensatz zum gepflegten Brockengarten ist der Wald um den Brockengipfel herum verwildert. Auf einer Fläche von etwa 1000 Hektar befindet sich hier einer der letzten Urwälder Mitteleuropas.
[7] mit Siebenmeilenstiefeln: mit großen Schritten (und deshalb sehr schnell) gehen
[8] das Lilienohr: (lit.) blendend weißes Ohr

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Zum 50. Todestag des großen deutschen Schriftstellers Thomas Mann(1875-1955) ****

Erika Mann (1905-1969), die älteste Tochter von Thomas Mann und selbst eine hochbegabte Schauspielerin und Publizistin, widmet in ihrem Buch „Escape to life“ ein Kapitel dem „Bildnis des Vaters“. Sie schreibt: „Es ist schwer, es ist vielleicht fast unmöglich, eine Gestalt, der man menschlich so nahe ist, objektiv – als öffentliche Figur zu sehen und zu beurteilen. Das Werk und die Person sind kaum voneinander zu trennen – zumal in einem Fall wie dem von Thomas Mann, bei dem Werk und Person so innig zueinander gehören. Alle seine Bücher und auch die großen literarischen Essays haben autobiografischen Charakter, der etwa in den „Buddenbrooks“ und im „Tonio Kröger“ sich deutlich manifestiert[1], der in „Königliche Hoheit“, „Der Tod in Venedig“ und den „Bekenntnissen des Hochstaplers Felix Krull“ ebenfalls vorhanden ist und der auch im „Zauberberg“ für jeden eindringlich Blickenden deutlich bleibt.“

Die Künstler-Problematik tritt im Schaffen von Thomas Mann erst während des 1. Weltkrieges zurück. In den „Betrachtungen eines Unpolitischen“ manifestiert sich zum ersten Mal das Interesse des Autors für das Politische. Anfang der 30er Jahre warnt Thomas Mann vor der Gefahr des Faschismus in Deutschland. Er wird ebenso wie sein Bruder Heinrich Mann zu einem unversöhnlichen Feind des Faschismus. Aus Liebe zur Zukunft empörte er sich gegen die Gräuel[2] der Gegenwart. Solange es Zeit war, warnte er seine deutschen Mitbürger in vielen Artikeln und Reden. Und als es zu spät war, als das Unglück, das er hatte kommen sehen, ihm den Aufenthalt in der Heimat unmöglich machte, – da verstummte er zunächst gramvoll[3], um dann wieder Worte zu finden – glühende, zornige Worte. Worte, die zuversichtlich waren bei aller Empörung und bei allem Schmerz. Sie wurden nicht nur von der Welt gehört, auch in Deutschland fanden sie Echo. Der berühmte „Brief an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn“, diese große Antwort auf die lächerlich kleine Geste, die darin bestand, dem mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Autor der „Buddenbrooks“ den Ehrendoktor Titel wieder zu entziehen, dieser Brief, der Aufsehen in 5 Kontinenten machte, wurde auch in Deutschland gierig gelesen. Es lag Tausenden im Dritten Reich derart viel daran, Stimme und Meinung von Thomas Mann wieder zu hören, dass sie dafür Gefängnis und Konzentrationslager riskierten.

Erika Mann über ihre Kindheit: „Wann begannen wir zu begreifen, dass der Vater ein Schriftsteller und dass er berühmt war? Ziemlich früh, will mir scheinen, mit Hilfe der Leute. Sie nannten uns „Dichterkinder“ und wollten wissen, ob der Papa wieder was Schönes schreibt, aber wir schwiegen trotzig… Der Papa spielte mit uns. Und er zeichnete. Warum war er nicht Maler geworden? Und warum haben wir nicht besser aufgepasst auf die Karikaturen, die da so leichthin entstanden? Weg sind sie! Wie schön hat er auch Geige gespielt! Musiker? Natürlich, – auch das hätte er werden können. Ja, meinte er, natürlich hätte ich gekonnt, aber ich musste nicht – und schreiben, das musste ich – leider! Entzückt betrachteten wir uns die Zeichnungen. Und er hätte, dachten wir, doch Maler werden sollen – oder Musiker.“ 1933 verließ Thomas Mann Deutschland, d.h. er kehrte von einer Vortagsreise nicht nach Deutschland zurück. Nach Aufenthalten in Südfrankreich und in der Schweiz lehrte er ab 1939 als Gastprofessor an der Universität in Princeton in den USA, von 1942-1952 lebte er in Kalifornien. 1944 wurde er US-Bürger. 1952 kehrte er nach Europa zurück und lebte bis zu seinem Tod in Kilchberg bei Zürich.

Erika Mann: „Sein Grab liegt in Kilchberg bei Zürich. Und seinen Nachlass, die Manuskripte, Briefe, Bücher, den Schreibtisch, ja das ganze Arbeitszimmer haben wir verschenkt. Das Züricher Thomas-Mann-Archiv, der Eidgenössischen Technischen Hochschule angegliedert, ist zur höchst lebendigen Studienstätte geworden für junge Leute aus vieler Herren Länder. Wie sehr hätte ihn dies erfreut.“

 

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 4/2005

[1] manifestieren: deutlich werden
[2] der Gräuel: (mst. Plural) entsetzliche, unmenschliche Taten
[3] gramvoll: tief bekümmert