Wenig bekannt
Können wir uns unsere Welt ohne Gedrucktes vorstellen: ohne Zeitungen, Bücher, Drucksachen, Kalender, Eintrittskarten, Plakate, Tickets, Dokumente usw.? Wohl kaum. Das alles verdanken wir Johannes Gutenberg, dem Erfinder des Buchdrucks.
Gutenberg wurde wahrscheinlich 1398 in Mainz geboren. Bis dahin musste man Bücher mit der Hand abschreiben. Das geschah meist von Mönchen in den Klöstern, war sehr mühsam und dauerte sehr lange. Deshalb waren Bücher sehr teuer. Nur Fürsten und Reiche konnten sie sich leisten.
Gutenbergs entscheidende Erfindung war das Herstellen (Drucken) von Schriften mit beweglichen Metallbuchstaben. Selbst wenn man damals vielleicht auch in anderen Ländern an dieser Methode arbeitete, gilt Gutenberg doch als der eigentliche Erfinder des Buchdrucks.
Obgleich Gutenberg ein großer Erfinder war, ist über sein Leben wenig bekannt. Seine Heimatstadt Mainz am Rhein war damals eine blühende Handelsstadt. Die Gutenbergs waren eine wohlhabende Patrizierfamilie[1]. Hier lernte Gutenberg wahrscheinlich die Goldschmiedekunst und das Münzprägehandwerk. In beiden Berufen kommt es auf das sorgfältige Messen und Prüfen von Metallen an, auf Kenntnis ihrer Veränderungen unter Wärmeeinfluss und Verbindung mit anderen Metallen sowie auf das geschickte Verarbeiten sehr kleiner Gegenstände Voraussetzung für Gutenbergs späteres Herstellen von metallenen Druckbuchstaben.
Oft in Geldnot
1428 ging Gutenberg für zwanzig Jahre nach Straßburg. Hier entstanden wahrscheinlich seine ersten Druckerzeugnisse: ein Kalender, eine lateinische Grammatik. Nie hat er seine Drucke, wie fast alle Drucker später, mit seinem Namen gekennzeichnet.
Gutenberg brauchte ständig viel Geld: zum Bau der Druckpressen, für das Metall der vielen tausend Druckbuchstaben, für Papier und Farbe, für große Räume zum Aufstellen der Pressen, zum Lagern der Papiervorräte und zum Aufhängen und Trocknen der frisch gedruckten Papierbögen. Außerdem musste er etwa zwanzig für ihn arbeitende Handwerker bezahlen. Immer wieder verklagten ihn Männer, denen er das von ihnen geliehene Geld nicht zurückzahlen konnte. Außerdem musste Gutenberg ständig auf Geheimhaltung seiner Erfindung bedacht sein.
1448 kehrte Gutenberg nach Mainz zurück. Hier gelang ihm der Durchbruch: der Druck der sogenannten 42-zeiligen Bibel. Sie ist in ihrer Schönheit später niemals wieder erreicht worden. Von den etwa 300 Exemplaren sind heute noch 40 erhalten, in Museen über die ganze Welt verstreut.
Zwanzig Jahre Mühe
Zum Drucken einer Seite nahm der Setzer die einzelnen Druckbuchstaben aus dem Setzkasten und reihte sie zu Wörtern auf einer Schiene auf. So entstand Zeile um Zeile, bis die Seite voll war. Dann wurde die Seite (der „Druckkasten“) auf den Drucktisch gelegt, die Buchstaben wurden mithilfe eines Ballens mit Farbe geschwärzt und vorsichtig ein Papierbogen darüber gelegt. Dann presste man den Pressbock der Presse auf das Papier, das dadurch mit den Buchstaben des Druckkastens bedruckt wurde. Vorsichtig wurde der Papierbogen dann von den Buchstaben abgehoben (da das Papier leicht verschmierte) und zum Trocknen aufgehängt.
Wir ahnen nicht, mit welcher Mühe und Ausdauer (und welchem Können) Gutenberg an seiner Erfindung gearbeitet hat. So musste er z. B. unzählige Experimente durchführen, bis er die richtige Legierung[2] für seine metallenen Druckbuchstaben fand. Und die Hunderttausende Buchstaben und Satzzeichen zum Drucken (er brauchte wahrscheinlich für seine Bibel 400.000 davon) mussten auf Bruchteile von Millimetern alle genau die gleiche Höhe haben. Waren sie zu niedrig, so druckten sie nicht. Waren sie zu hoch, so gaben sie einen zu kräftigen Druck.
Und trotzdem wurde Gutenberg um die Früchte seiner Erfindung betrogen. Seine 42-zeilige Bibel war fast fertig gedruckt. Da konnte er 1455 einem Gläubiger eine hohe Geldsumme nicht zurückzahlen. Daraufhin musste er ihm seine ganze Werkstatt mitsamt den Bibeln überlassen.
Doch konnte Gutenberg wahrscheinlich mithilfe eines Freundes neu anfangen zu arbeiten. Wir wissen nur, dass er später als geachteter Bürger in Mainz eine Rente erhielt und 1468 dort starb.
Bedeutung des Buchdrucks
Gutenbergs Drucktechnik war so vollkommen, dass 500 Jahre lang im Prinzip danach gearbeitet wurde. Auch die heutige moderne Drucktechnik wäre ohne Gutenbergs Vorarbeit kaum möglich gewesen.
Die Erfindung des Buchdrucks hat das Leben der Menschen stark verändert und bereichert. Dadurch erfolgte ein schneller allgemeiner Austausch von Gedanken und Ideen, eine „Globalisierung des Denkens“ wie heute durch das Internet. Ohne den Buchdruck wären z. B. Luthers Schriften nicht so schnell in ganz Europa verbreitet worden und es hätte vermutlich keine Reformation gegeben.
So wirkt Gott auch in ganz weltlichen Ereignissen und baut dadurch sein Reich.
Hans Misdorf
Der Artikel erschien in „Der Weg“ 2/2011
[1] Angehörige der alteingesessenen Oberschicht im antiken Rom
[2] Gemisch aus mindestens zwei Metallen