Ein Wagen ohne Pferde
Deutschland ist ein Autoland. Bei 80 Millionen Einwohnern gibt es in Deutschland 50 Millionen Autos. Ein dichtes Netz gut ausgebauter Bundesstraßen und „Autobahnen“ überzieht das Land. Man nennt das Auto auch des Deutschen „liebstes Spielzeug“. Das ist sicher kein Wunder, denn das Auto wurde in Deutschland erfunden. Schon immer hatten die Menschen von einem Fahrzeug geträumt, das „selbst fährt“, also von einem „auto-mobil“ (autos griechisch „selbst“, mobilis lateinisch „beweglich“), von einem Fahrzeug also, das nicht von Menschen oder Tieren gezogen oder vom Wind angetrieben wird.
Durch die Erfindung der Dampfmaschine waren solche selbstfahrenden Fahrzeuge möglich geworden. Hier wird der Druck erhitzten Wasserdampfes in Energie zum Antreiben eines Fahrzeugs umgewandelt. So entstanden im 19. Jahrhundert überall in Europa und den USA mit Dampfkraft betriebene Eisenbahnen. Aber es gab auch vereinzelt durch Dampfkraft bewegte Omnibusse, Schiffe und Kutschen.
Der Explosionsmotor
Ein mit Dampf betriebener Motor ist jedoch groß und schwer. Außerdem wird in ihm kaum ein Zehntel der in der Kohle als Brennstoff enthaltenen Wärmemenge in verfügbare Energie umgewandelt. Man mußte also immer große Kohlevorräte auf Fahrten mitnehmen.
So suchte man im 19. Jahrhundert einen kleinen, leicht zu bedienenden Motor für kleinere Fahrzeuge, der aus seinem Treibstoff möglichst viel Energie gewann. Auch die vielen damals entstehenden kleinen Industriebetriebe und auch die Landwirtschaft verlangten nach solch einem Motor.
Es ist erstaunlich, daß zwei Männer gleichzeitig, aber völlig unabhängig voneinander, solch einen Motor entwickelten: die beiden Deutschen Gottlieb Daimler (1834-1900) und Karl Friedrich Benz (1844-1929). Sie arbeiteten nur hundert Kilometer voneinander entfernt: Daimler in Stuttgart und Benz in Mannheim, beides im Südwesten Deutschlands im heutigen Bundesland Baden-Württemberg gelegen. Dennoch haben sie nie ein Wort miteinander gewechselt, auch nicht schriftlich.
Beide entwickelten einen sogenannten Verbrennungs- oder Explosionsmotor: Durch die Zündung kleinster Mengen von Benzin in einem Zylinder mit Hilfe des Funkens einer Zündkerze entsteht ein kräftiger Explosionsstoß, der einen Kolben in Bewegung setzt. Wenn solche kleinen Explosionen ganz schnell aufeinander folgen, kann die dabei entstehende Energie ein Fahrzeug antreiben. Da dieser Vorgang in vier Stufen abläuft, nennt man diesen Motor auch Viertaktmotor.
Daimlers Weg zu einem neuen Motor
Gottlieb Daimler stammt aus Schorndorf bei Stuttgart. Zunächst leitete er mit dem Erfinder Nikolaus August Otto (1832-1891) eine Maschinenfabrik in Köln. Otto hatte bereits einen Explosionsmotor konstruiert (Der heutige Otto-Motor ist also nach ihm benannt). Aber dieser von Otto gebaute Motor war noch zu groß und zu schwer, um ihn in Fahrzeuge einbauen zu können. Außerdem bezog er seine Energie aus der fortlaufenden Explosion kleinster Gasmengen. Gas gab es damals aber nur in größeren Städten.
Deshalb entwickelte Daimler in Stuttgart Ottos Erfindung weiter zu einem kleinen, leichten Motor, den man in Fahrzeuge einbauen konnte. Als Treibstoff wählte er Benzin (Petroleum), das relativ sparsam im Verbrauch war, womit man deshalb auch über größere Entfernungen fahren konnte.
Es war für Daimler ein mühsamer Weg. Immer wieder explodierte bei seinen Versuchen das Benzin zu früh im Zylinder des Motors. Das war für Daimler nicht nur gefährlich. Sondern das ließ ihn auch manchmal fast daran verzweifeln, jemals einen Motor zu entwickeln, der im richtigen Augenblick von selber zündete.
Endlich, im Jahre 1885, hatte Daimler es geschafft. Er hatte den ersten Motor erfunden, den man gut in alle Fahrzeuge einbauen konnte und der problemlos lief.
So wurde sehr bald Daimlers Motor in vielen Ländern zum Antrieb von Autos, Schiffen, Schlitten und Fahrrädern verwendet. Daimlers erstes Fahrzeug 1885 mit seinem neuen Motor war ein sogenannter „Reit-Wagen“, eine Art Motorrad. Es hatte 0,5 PS (Pferdestärken) und erreichte eine Geschwindigkeit von sechs Kilometern pro Stunde.
Benz konstruiert das erste Auto
Karl Friedrich Benz, geboren in Karlsruhe, wollte nicht nur, wie Daimler, einen neuen Motor für die verschiedensten Fahrzeuge entwickeln. Sondern er hatte von vornherein den Bau des gesamten Autos im Blick.
Auch Benz war ein begabter und zäher Erfinder. In seiner Werkstatt in Mannheim machte auch er aus dem von Otto entwickelten Explosionsmotor einen brauchbaren Automotor. In manchem war sein Motor Daimlers Motor überlegen.
Gleichzeitig konstruierte er die anderen Teile, ohne die ein Auto nicht fahren kann: die Zündung des Benzins durch einen starken elektrischen Funken, die Kühlung des Motors durch Wasser, die Kupplung, die Lenkung und anderes.
1886 war sein „Auto“ fertig. Es hatte die Form einer Kutsche auf drei Rädern, besaß 0,9 PS und machte viel Lärm und Gestank – wie alle frühen Autos. Bald baute Benz seine Autos dann auch mit vier Rädern.
Dies erste „Auto“ von Benz aus dem Jahr 1886 ist die Urform des Autos. Es war zum ersten Mal ein Auto, das ohne alle Schwierigkeiten fuhr. Seine grundsätzlichen Bestandteile werden heute in allen Autos der Welt verwendet.
Der Siegeszug des Autos
Die ersten Autos hatten die Form einer Pferdekutsche mit eingebautem Motor (Man mißt ja bis heute die Kraft eines Motors in „Pferdestärken“ = PS). Auch Daimler baute bald solche „Motorkutschen“. Diese Autos der ersten Jahre hatten nicht mehr als etwa zwei bis drei PS und erreichten Geschwindigkeiten von höchstens 15 bis 20 Kilometern pro Stunde. Sie wurden alle in Handarbeit hergestellt. Sie waren sehr teuer, und nur Reiche konnten sich deshalb ein Auto leisten. Trotzdem wollten immer mehr Menschen solch ein neues Fahrzeug haben. Aus den Werkstätten von Benz in Mannheim und Daimler in Stuttgart entwickelten sich im Laufe der Zeit große Autofabriken.
Einmal unternahm die Frau von Benz mit ihren beiden Jungen auf einer Motorkutsche ihres Mannes sogar eine viel beachtete Werbefahrt von Mannheim nach Pforzheim (Entfernung 70 km). Vielleicht war sie die erste Frau am Steuer! Sie mußte dabei sogar unterwegs ihr Strumpfband als Material zum Isolieren opfern. Ihr Mann hatte von dieser Fahrt gar nichts gewußt.
Auch in anderen Ländern, z.B. in Frankreich, England und Italien, begann man bald, Autos herzustellen. Die Motorkutschen erhielten ein Dach, die Karosserie entstand. Immer mehr entwickelte sich das Auto zu seiner heutigen Form.
Sehr bald begann man auch, Autorennen durchzuführen. Auch dadurch wurde das Auto immer populärer. Heute ist das Auto in vielen Ländern ein Massenverkehrmittel.
Der Mercedes-Wagen
Ein Autohändler in Frankreich gab eines Tages den deutschen Daimler-Autos nach seiner kleinen Tochter den Namen „Mercedes“. Seitdem tragen die aus Stuttgart kommenden Daimler-Autos diesen Namen. Ihr Zeichen ist ein Stern mit drei Strahlen umgeben von einem Kreis.
1926 wurden die beiden Autofabriken von Daimler und Benz, die beiden ältesten Autofabriken der Welt, zu einer großen Fabrik in Stuttgart vereinigt. Sie trägt den Namen „Mercedes-Benz“. Sie liefert heute gut ausgestattete Autos in alle Teile der Welt. Nach dem Zusammenschluß mit dem amerikanischen Konzern Chrysler wird der Namen Benz nicht mehr erscheinen. Die neue Firma heiß dann „Daimler-Chrysler“.
Das Auto – heute ein Problem?
Mit dem Auto hat sich der Traum der Menschen von einem selbstfahrenden Fahrzeug verwirklicht. Mit dem Auto kann man zu jeder Zeit überall hinkommen. Man ist damit in gewisser Weise unabhängig von Zeit und Raum.
Doch dieses ideale Verkehrsmittel schafft heute durch seine Belastung der Umwelt große Probleme. Deshalb möchten manche Menschen am liebsten das Auto wieder abschaffen oder seinen Gebrauch stark einschränken.
Aber ohne Auto kann man sich das Leben der Menschen nirgendwo mehr vorstellen. Deshalb wird es das Auto in irgendeiner Form immer geben. Nur wird man sich immer mehr darum bemühen müssen, Autos zu konstruieren und zu bauen, die die Umwelt möglichst wenig belasten.
Gott sagt in der Bibel zu uns Menschen: „Nehmt die Erde in Besitz“ (1. Mose 1,28). Mit dem Auto erfüllt der Mensch ein Stück dieses Auftrags. Aber Gott sagt ebenso: Wir sollen die Erde bewahren, sie vor Schaden schützen und als Gottes gute Schöpfung erhalten (1.Mose 2,15). Und an der dringenden Lösung dieses Problems muß der Mensch mit großen Anstrengungen arbeiten.
Hans Misdorf
Weitere Informationen über die DaimlerChrysler AG und ihre Geschichte