Die Anekdotenkiste

Conrad Ferdinand Meyer, einer der bedeutendsten Schweizer Dichter, trat 1880, auf der Höhe seines Ruhms, in ein norddeutsches Gasthaus und bat um ein Zimmer. Der Portier las das Namensschild am Koffer und bedauerte: „Leider alles besetzt, Herr Meyer.“ Erfreut über seine Popularität, nickte Meyer: „In der Tat, ich bin der Schriftsteller Meyer. Vielleicht finden Sie doch noch etwas?“

Der Portier fand noch etwas, bekam bei der Abreise ein schönes Trinkgeld und verbeugte sich tief: „Nachdem wir wußten… es war uns eine Ehre. Wir haben ja Ihre sämtlichen Werke hier stehen. Bitte sehen Sie.“

Und er führte ihn ins Büro. Dort stand: Meyers Konversationslexikon, 24 Bände.

 


Etwa eine Generation nach Goethes Tod besuchte einmal ein Goetheforscher Sesenheim im Elsaß, wo diese delikate Geschichte Goethes als junger Student mit dem Mädchen Friederike Brion …

Na ja, jedenfalls, der Goetheforscher fand dort noch ein steinaltes Mütterlein, das sich aus seiner ganz frühen Jugend an die Affäre erinnerte. „Eines Tages“, erzählte es ihm, „war der junge Mann dann fort. Und kein Mensch hat jemals wieder etwas von ihm gehört!“

 


Professor Sauerbruch (ein berühmter Arzt und Chirurg; 1875-1951) konnte recht geistreich sein. Eines Abends sagte eine Dame, die auf einer Gesellschaft neben ihm saß, mit leichtem Spott in der Stimme: „Herr Professor, Sie müssen sich doch wirklich als ein bedeutender Mann vorkommen, denn schließlich sind Sie so eine Art Schaffner ins Jenseits.“

Sauerbruch meinte trocken: „Irrtum, gnädige Frau, bedenklicher Irrtum! Bis zum Schaffner habe ich es noch nicht gebracht. Ich begnüge mich noch immer mit der bescheidenen Stellung eines Bremsers!“