Goethe war der berühmteste deutsche Dichter und einer der bekanntesten Dichter der Welt. Er hat größte und schönste dichterische Kunstwerke geschaffen und viele weise und richtige Erkenntnisse ausgesprochen.
Goethe war ein reichbegabter Mensch und lebenslang vom Glück begünstigt. Er wurde 1749 in Frankfurt am Main geboren und wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf. Sein Vater war ein gebildeter Mann, der sein Leben nach strengen Grundsätzen führte, ohne daß er einen richtigen Beruf gelernt hätte. Seine Mutter dagegen war eine frohe, heitere Frau mit viel Wärme, Phantasie und Humor. Beide Eigenschaften seiner Eltern hatte der Sohn geerbt.
In Leipzig und Straßburg studierte Goethe auf Wunsch seines Vaters Rechtswissenschaft. In seine Straßburger Zeit fällt seine Liebe zu der jungen Friederike Brion in Sesenheim im Elsaß. Goethe konnte alle seine Empfindungen[1] – Liebe, Trauer, Schmerz – mühelos in Worte kleiden. So hat er auch aus seiner Beziehung zu Friederike die schönsten Liebesgedichte verfaßt.
Nach Abschluß seines Studiums war Goethe Rechtsanwalt in Frankfurt, aber ohne daß ihm seine Arbeit Spaß gemacht hätte. Er wäre viel lieber ein unabhängiger Schriftsteller gewesen. Aber dieser Beruf konnte ihn nicht ernähren.
Goethe hat in seinem Leben viele Frauen geliebt. Sie gaben ihm immer wieder Anlaß zu neuen Dichtungen. Aber geheiratet hat er zunächst keine von ihnen. Er wollte seine Freiheit, seine Unabhängigkeit behalten. Friederike und manche andere hat er unglücklich gemacht, als er sie verließ.
Sturm- und Drangzeit
Die jetzt folgenden Jahre bezeichnet man als „Sturm- und Drangzeit“, in der man mehr das Gefühl betonte als den Verstand, wie in der vorhergegangenen Aufklärung. Goethe schrieb jetzt sein erstes Schauspiel, den leidenschaftlichen[2] „Götz von Berlichingen“, und einige Jahre später das Trauerspiel „Egmont“. Aus seiner unglücklichen Liebe zur Verlobten eines Freundes heraus entstand der Roman „Die Leiden des jungen Werther“, der Goethe weltberühmt machte. Manche jungen Männer mit unglücklicher Liebe nahmen sich aufgrund des Romans wie Werther das Leben.
1775 berief der junge Herzog Karl-August von Weimar Goethe als Minister an seine Residenz. Für den Dichter begann jetzt ein Leben strenger Pflichterfüllung im Dienst des kleinen Herzogtums. An Frau von Stein fand er in Weimar eine mütterliche Freundin. Es entstanden Erzählgedichte (= Balladen) wie „Der Erlkönig“ und „Der Fischer“. Aber erst die spätere Freundschaft mit dem Dichter Friedrich Schiller regte Goethes dichterische Schaffenskraft wieder neu und stark an [3].
Der abgeklärte Klassiker
Mit Goethes Reise nach Italien (1786-88) begann seine „klassische“ Periode. Die Dramen dieser Jahre wie „Iphigenie“ und „Torquato Tasso“ betonen nicht mehr allein das Gefühl. Vielmehr soll das Gefühl vom Verstand gebändigt[4] und veredelt[5] werden. So soll sich der Mensch zu einem sittlich[6] immer vollkommeneren Wesen entwickeln.
Nach seiner Rückkehr aus Italien nahm Goethe Christiane Vulpius, eine junge Frau, in sein Haus, die er 1806 schließlich heiratete. Sie gebar ihm mehrere Kinder, von denen aber nur sein Sohn August am Leben blieb.
Goethe wurde allmählich immer berühmter. Menschen aus vielen Ländern pilgerten[7] nach Weimar und erwiesen ihm ihre Verehrung. Er aber zog sich immer mehr von den Menschen und ihren Meinungen zurück. Er baute sich seine eigene Welt der Schönheit und der idealen Formen auf. Er forschte in der Natur und beschäftigte sich mit ihren großen Grundgesetzen.
Als sich in Deutschland und Europa die Völker gegen Napoleons Fremdherrschaft erhoben, verbot er seinem Sohn, sich an dem Freiheitskampf zu beteiligen. Er verehrte Napoleon als großen Menschen, aber er verabscheute[8] zugleich Krieg und Blutvergießen. Den neu aufkommenden nationalen und demokratischen Ideen stand er ablehnend gegenüber.
Lebensende
Auch noch im Alter ergriff Goethe immer wieder die Leidenschaft für schöne und geistvolle Frauen. Aus seiner Beziehung zu Marianne von Willemer entstand der „West-Östliche Diwan“. Bis ins höchste Alter – er starb 1832 im Alter von fast 83 Jahren – war Goethe von einer erstaunlichen Schaffenskraft. Seine Lebenserinnerungen schrieb er auf in seinem Werk „Dichtung und Wahrheit“. Kurz vor seinem Tod vollendete er den 2. Teil des Dramas „Faust“, das zur Weltliteratur gehört. In der Person des Faust schildert er den Weg des suchenden Menschen aus der Verworrenheit[9] des Lebens zur Erkenntnis seiner ewig-göttlichen Bestimmung[10]: Arbeit für das Wohl der Menschheit, Dienst für die Gemeinschaft. Daraufhin wird Faust der Eingang in den „Himmel“ zuteil mit den Worten: „Wer immer strebend[11] sich bemüht, den können wir erlösen“.
Selbsterlösung
Goethe sah überall in der Welt eine göttliche Macht am Werk, besonders in bedeutsamen Menschen und in den Gesetzen der Natur. Vor Christus hatte er große Ehrfurcht. Jeder Mensch trägt Goethes Meinung nach einen göttlichen Funken[12] in sich. Damit kann er sich aus eigener Kraft zu einem immer vollkommeneren Menschen entwickeln. Deshalb ist der Mensch in seinem Kern gut. Diese Sicht der Dinge kennzeichnet Goethe als Humanist[13].
Aber gerade heute sehen wir an dem vielen Schrecklichen in der Welt, wie unvollkommen und böse der Mensch ist und bleibt. Und wer ehrlich vor sich selber ist, muß vor dem vielen Schlechten in sich und seinen Gedanken erschrecken. Er muß erkennen, daß es eine Selbsterlösung, wie Goethe sie proklamierte, nicht geben kann.
Deshalb mußte Jesus als Gottessohn in unsere Welt kommen und für uns am Kreuz sterben. In ihm begegnen uns Gottes Liebe und sein Wille, uns zu erlösen. Wenn wir Jesus in unser Leben hineinnehmen, vergibt er uns unsere Schlechtigkeit, unsere Sünde, und macht uns bis in unser Inneres hinein zu neuen Menschen.
Hans Misdorf
Wenn Sie mehr wissen wollen, lesen Sie doch einen auführlicheren Artikel desselben Autors.
Weitere Informationen über Goethe:
[1] die Empfindung: ein bestimmtes (körperliches od. seelisches) Gefühl
[2] leidenschaftlich: voller Leidenschaft (=ein seelischer Zustand, in dem jmd. starke Gefühle [wie Liebe, Haß od. Zorn] empfindet) für jmdn.
[3] etw. regt jmdn. an: etw. hat eine belebende, aktivierende Wirkung auf jmdn.
[4] bändigen: etw. unter Kontrolle bringen; beherrschen
[5] veredeln: besser, vollkommener machen
[6] sittlich: in n bezug auf die Sitte (=die Normen, die in einer Gesellschaft bestimmen, was gut und richtig ist; Moral)
[7] pilgern: zu einem besonderen (oft religiösen) Ort reisen
[8] verabscheuen: Abscheu (= ein physischer od. moralischer Ekel, ein heftiger Widerwille, eine sehr starke Abneigung) gegen jmdn./etw. empfinden
[9] die Verworrenheit: Zustand, der keine Ordnung, keine Übersichtlichkeit hat
[10] die Bestimmung: (hier) ein starkes Gefühl, für etwas auserwählt [bestimmt] zu sein;
[11] streben: mit großer Energie versuchen, etwas zu erreichen
[12] der Funken: (hier) winzige Spur
[13] der Humanismus: eine geistige Haltung, die großen Wert auf die Würde des Menschen und die Entfaltung seiner Persönlichkeit legt (orientiert sich an den Idealen der antiken römischen und griechischen Kultur). [von lateinisch homo „Mensch“: der Mensch steht im Mittelpunkt]