Zé Roberto, ist ein Ballkünstler. Aufgewachsen ist er in den Slums von São Paulo in Brasilien, mit fünf Geschwistern und einem ständigen Kampf ums Überleben. Heute ist er beim FC Bayern-München. Er erzählt seine erstaunliche Geschichte:
Wir wohnten in den Favelas von São Paulo. Die ersten Jahre meines Lebens waren ein Kampf ums tägliche Brot. Wir waren zu Hause sieben Personen, unsere Wohnung war ziemlich mickrig[1], und wir hatten noch nicht einmal genug zum Essen. Wenn wir Kinder etwas Süßes wollten, haben wir uns die Bonbons einfach mit Zucker in der Pfanne selbst gemacht. An unserer Haustüre lehnte immer eine alte Gasflasche, weil wir uns kein neues Schloss leisten konnten. Geld für Fußballschuhe gab es natürlich auch nicht, und so wurde ich schon früh zum echten Barfuß-Kicker mit Ballgefühl.
Ein großer Schock
Als ich zehn Jahre alt war, verließ mein Vater unsere Familie. Das war ein großer Schock für uns. Meine Mutter musste uns von nun an alleine versorgen. Und ich begann zu stehlen. Am Anfang war es harmlos, hier und da mal was zum Essen, Orangen und Kekse – eben alles, was gut in die kleine Hosentasche passte. Dann hieß es: Gas geben, um von der Bildfläche zu verschwinden. Eines Tages gerieten zwei meiner Freunde in die Drogenszene. Wenig später musste ich eine der schrecklichsten Erfahrungen meines Lebens machen: Meine Freunde wurden beide von der Polizei erschossen.
Meine Mutter hat mir in dieser Zeit sehr geholfen. Sie hat mich getröstet und mir klar gemacht, was für eine Zukunft ich in einem solchen Milieu hätte. Sie hat mich immer wieder zum Bolzplatz[2] geschickt und gesagt, dass ich dort besser aufgehoben wäre als auf der Straße. Ich habe damals entschieden, mich von Drogen und Kriminellen fernzuhalten, und das war meine erste gute Entscheidung als kleiner Junge.
Eine außergewöhliche Veränderung
Weil wir so arm waren, wusste meine Mutter irgendwann nicht mehr weiter und suchte Hilfe. Eines Tages passierte etwas sehr Außergewöhnliches. Meine Mutter war nach langer Zeit wieder in eine Kirche gegangen, um sich für einen Moment zu besinnen. Als sie nach Hause kam, schien sie irgendwie verändert zu sein. Sie erzählte uns von einer merkwürdigen Begegnung mit Gott, die sie dort gemacht hatte. Sie sprach von Gottes Liebe für uns und dass wir jetzt alle auf Jesus vertrauen sollten. Natürlich haben wir das damals nicht so ganz begriffen. Aber in den folgenden Tagen konnte ich sehen, wie der Glaube an Jesus ihr Leben wirklich veränderte. Sie wurde viel ruhiger und gelassener, und der Glaube schien ihr Kraft zu geben. Es wirkte beinahe, als ob irgendjemand auf unsere Familie aufpassen würde, denn einige Dinge liefen von nun an besser für uns.
Ein liebender Vater
Wenn ich anfangs auch sehr skeptisch war, bin ich, je mehr ich sah, wie glücklich meine Mutter auf einmal war, sehr neugierig geworden, was es denn mit diesem Jesus auf sich hat. Bis zu diesem Moment hatte ich mit Gott nie etwas am Hut gehabt[3]. Also fing ich dann eines Tages einfach damit an, in der Bibel zu lesen. Ich habe darin entdeckt, dass Gott nicht nur unser Vater sein will – der Vater den ich nicht hatte -, sondern dass er etwas Besonderes mit meinem Leben vorhat. Mir wurde klar, dass ich bei Gott Kind sein darf und er als liebender Vater immer für mich da ist. Er möchte nicht, dass ich irgendwelche Formeln zu ihm spreche, sondern ich kann ihm einfach alles erzählen, was ich auf dem Herzen habe, wie einem besten Freund. Ich war in meiner Jugend immer sehr besorgt um unsere Mutter gewesen und machte mir viele Gedanken um die Probleme, die wir hatten. Doch je mehr ich über Gott nachdachte, desto leichter wurde mir ums Herz. So habe ich also angefangen, mit Gott zu reden, nicht nur, wenn es mir schlecht ging, sondern auch in guten Zeiten, um ihm für so viel Schönes im Leben zu danken.
Das Wichtigste im Glauben ist, dass man sich von Gott geliebt weiß, so wie man ist. Das ist die Grundlage meines Glaubens, und das gibt mir Kraft für alle Situationen im Leben. Denn gerade als Profifußballer bist du ständig gefordert. Du brauchst immer wieder neue Kraft für die vielen Spiele. Mein Lieblingsvers in der Bibel (Philipper 4,13) handelt von einer besonderen Kraft: »Ich kann alles durch den, der mich mächtig macht: Jesus Christus.«
Gekürzt entnommen aus dem Buch von David Kadel, Fußball Gott, ISBN 3-86591-027-0, Gerth Medien
Der Artikel erschien in „Der Weg“ 2/2006
[1] mick(e)rig: (im Vergleich mit jemandem / etwas) sehr klein, schwach oder unwichtig
[2] der Bolzplatz: [Spiel]platz, auf dem Kinder Fußball spielen können
[3] mit jmdm / etwas / nichts am Hut haben: jemanden / etwas nicht mögen