Ich war Anführer einer der größten organisierten Banden in Hessen. Menschen waren uns egal. Wer sich uns in den Weg stellte, wurde verfolgt und terrorisiert. Und nicht nur Einzelpersonen, sondern auch deren Familien.
Meine Karriere begann, als ich 14 war. Mein Vater war Alkoholiker, meine Mutter ging fremd[1]. Ich war früh auf mich gestellt und fand Freunde, denen es ähnlich ging. Zu fünft gründeten wir eine Bande. Ich war der Chef, denn ich war der brutalste von uns. Andere Mitglieder mussten Waren und Geld besorgen. Sie machten das durch Überfälle, Raubzüge und Wegezoll[2] von Schülern. Rund 60 Leute bildeten die Kampftruppe, die dafür sorgte, dass andere Banden nicht in unser Gebiet kamen.
Frauen, Drogen, Alkohol
Irgendwann machten wir viel Geld mit Drogen. Natürlich nicht, ohne dass die Polizei uns beobachtete. Trotzdem ging es uns „gut“: Geld und Frauen gab es im Überfluss; wir soffen[3], nahmen alle möglichen Drogen und hurten[4] rum. Mit 15 ging ich von der Hauptschule. Ich kam nie höher als bis zur 6. Klasse. Zwei Jahre später saß ich im Knast[5]. Dort nagte[6] zum ersten Mal die Frage an mir, ob ich überhaupt geliebt wurde.
Brutal, brutaler, ich
Ich war mir sicher, dass die Leute mich nicht liebten. Wie sollten sie auch jemanden lieben, wie mich? Also wurde ich noch brutaler. Sogar abgehärtete Erwachsene erschraken vor mir. Das machte mich stolz. Rücksicht kannte ich nicht. Die Welt hatte aus mir einen Egoisten gemacht.
Zu dieser Zeit erzählte mir ein Freund vom »Bunker«, einem Treffpunkt von Christen. Dort gäbe es Brot und Tee umsonst, wenn man eine Andacht über Gott und Jesus über sich ergehen ließ.
Wir gingen mit zehn Leuten hin. Die Mitarbeiter des »Bunkers« zittern. Wir waren bekannt dafür, Einrichtungen zu zertrümmern[7]. Sofort kam Pit auf mich zu. Er war schon älter und behäbig. Kein Gegner, sondern eher ein Opfer für mich. Er sagte zu mir: „Ich freue mich, dass ihr da seid!“ – Komischer Kerl, wusste er denn nicht, wer ich war?
Aber Pit hatte etwas, was ich nicht kannte. Und als die Andacht begann, hörte ich zunächst zu. Pit redete von Gott, der jeden Menschen liebt. Jetzt wusste ich – diese Leute im »Bunker« waren bescheuert[8]. Und dieser Jesus wusste sicher nicht, wer ich war, sonst könnte er mich ja nicht lieben. Warum auch.?
Jesus ist für mich gekommen
Als die Andacht vorbei war ging ich hinters Haus. Pit setzte sich zu mir. „An Gott kann ich glauben, aber nicht an Jesus“, sagte ich zu ihm. Pit antwortete: „Jesus ist das Bild des unsichtbaren Gottes.“ Ich wurde neugierig. Ich weiß nicht warum, aber ich erzählte Pit meine ganze Lebensgeschichte. Leicht hätte er mich bei den Bullen verpfeifen können. aber er tat es nicht. Und eigentlich hatte ich sowieso Jesus meine Lebensgeschichte erzählt.
Irgendwann sagte Pit den Satz, der mich nicht mehr los ließ: „Jesus ist gekommen, um die zu suchen, die am Rande der Gesellschaft leben.“ – Das war ich!
Als der »Bunker« schloss, war ich allein mit einem Johannesevangelium. „Lies das!“, meinte Pit. Ich konnte nur mit Mühe lesen, aber ich war neugierig und versuchte es. Ich „las“ dieses Heft dreimal durch, bis mir ein Satz in der Seele brannte: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“
Pit erklärte mir später noch einiges. So wurde mir klar, dass Jesus auch für mich gestorben ist. Ich hatte endlich Hoffnung und sagte: „Jesus ich glaube Dir, hilf mir, mein Leben zu ändern.“ Und plötzlich war ich nicht mehr Boss einer der größten organisierten Verbrecherbanden, sondern Christ!
Anfangs hat sich wenig geändert. Immer wieder kam und kommt mein alter Schweinehund[9] zum Vorschein. Aber Jesus stellte mir seitdem Menschen an die Seite, die mich bis heute tragen und für mich beten. Jesus befreite mich von Okkultismus, Alkohol und Sexsucht.
Es gab viele Höhen und viele Tiefen in meinem Glaubensleben. Aber ich bin nicht mehr allein. Ich begann eine Lehre, ging zur Bundeswehr. Heute bin ich Hausmeister meiner Gemeinde und ernähre so eine kleine Familie.
Gekürzt entnommen aus „jesus-online.de“
– Name der Redaktion bekannt
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Der Artikel erschien in „Der Weg“ 4/2005
[1] fremdgehen: eine sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe oder festen Partnerschaft haben
[2] der Wegezoll: Geld oder Dinge, die man abgeben muss, bevor man weitergehen kann
[3] saufen: viel und übermäßig alkoholische Getränke zu sich nehmen
[4] huren: mit häufig wechselnden Partnern [ausschweifenden] Geschlechtsverkehr haben
[5] der Knast: Gefängnis
[6] etw. nagt an jmdm.: etw. quält jmdn.
[7] zertrümmern: etwas mit großer Kraft oder Gewalt zerbrechen oder in Stücke schlagen
[8] bescheuert: dumm, nicht sehr intelligent
[9] der Schweinehund: (ugspr.) eine Schwäche, Trägheit oder Feigheit, die einen Menschen davon abhält, das Richtige zu tun