„Na, und“, dachte ich, „was ist schon Besonderes daran, Christ zu sein? Das sind wir doch fast alle.“ – So war meine erste Reaktion, als ich mit 17 Jahren den Steckbrief[1] meiner amerikanischen Gastfamilie für meinen Sprachkurs geschickt bekam. Unter „Besonderheiten“ war angegeben: „Gläubige Christen“. Ich wusste nicht, was daran Besonderes war. Ich war getauft – wie fast alle meine Freunde im Rheinland. Und ich hatte auch den Konfirmanden-Unterricht absolviert. Der Pastor mochte[2] mich wohl, jedenfalls lobte er mich regelmäßig.
Auch wenn meine Eltern aus der Kirche ausgetreten waren, hatte mir meine Mutter doch ein Nachtgebet beigebracht und mich gelehrt, nicht über Gott zu lästern[3]. Das und das Vaterunser sowie Tauf- und Konfirmationsurkunden machten für mich das Christsein aus. Dazu noch der Kirchgang an Weihnachten, mit dem ich mir die anschließende Bescherung[4] „verdiente“.
Dass meine amerikanischen Gasteltern etwas völlig anderes mit dem Begriff „Christ“ verbanden, habe ich dann schnell festgestellt: Gleich am ersten Sonntag baten sie mich, mit ihnen zur Kirche zu gehen. Als höflicher Mensch habe ich das getan, ohne mir den Widerwillen anmerken zu lassen.
Und dort passierte etwas Eigenartiges: In einer Mischung aus Studentengottesdienst und Lehrveranstaltung berichtete der Pastor dieser Gemeinde von der grundlegenden Botschaft des christlichen Glaubens: Von Jesus Christus. Sicher, ich hatte von ihm oft genug gehört. Aber interessiert hatte ich mich dafür nie. Dort wurde mir zum ersten Mal klar: Jesus Christus ist Gottes Sohn. Er ist von Gott als Mensch auf die Erde gesandt worden, um das zu verwirklichen, was wir Menschen offensichtlich allein nicht schaffen: ein fehlerloses Leben zu leben. Wir Menschen versagen darin immer wieder. Alle. Zu allen Zeiten. Und der Einzige, der gegen kein einziges Gebot Gottes verstoßen hat, war Jesus Christus. Diese Erkenntnis allein wäre schon faszinierend genug.
Aber das Wichtigste kam noch: Da die Menschen durch ihr Leben voller Fehler und Schuld niemals in die Nähe Gottes kommen können, hat Gott seinen Sohn geopfert. Er, der ohne jede Schuld war, wurde stellvertretend für uns zum Tode verurteilt und hat diesen Tod auf sich genommen. Und nach drei Tagen ist er von den Toten auferstanden, hat also die Macht des Todes überwunden. Dies gilt für alle, die an ihn und an die Tatsache der Auferstehung glauben. Somit hat Gott selbst durch das Opfer seines Sohnes eine Brücke zu sich gebaut.
Ich war nach dieser Erkenntnis wie elektrisiert! Ich weiß nicht, warum ich das vorher nicht erkannt hatte, aber da wurde das wie etwas ganz Selbstverständliches ausgesprochen. Wunderbarerweise war in diesen Wochen ein deutsch sprechender Mitarbeiter in der Gemeinde. So konnte ich mich mit ihm auf Deutsch über meine Fragen unterhalten. Er zeigte mir, dass die meisten Antworten darauf in der Bibel stehen. Und diese Bibel, die ich bis dahin nicht sehr ernst genommen hatte, offenbarte noch viele andere Überraschungen. Zum Beispiel, dass Einzelheiten aus dem Leben Jesu schon Jahrhunderte zuvor von Propheten vorhergesehen und aufgeschrieben worden waren.
All das überzeugte mich, in der Bibel mehr als eine Erfindung irgendwelcher Geschichtenschreiber zu sehen. Historische Figuren, die es nachweislich gab, Begebenheiten, die tatsächlich passiert sind und Voraussagen, die wahrhaftig eingetroffen sind. Noch während meines Aufenthalts habe ich mein Leben Jesus Christus anvertraut. Ich habe mich vor Gott und einigen Menschen dazu bekannt, dass ich an seine Geburt, sein Leben, seinen Kreuzestod glaube, dass ich überzeugt bin von seiner Auferstehung und dass er damit den Tod für mich und alle, die an ihn glauben, überwunden hat.
Mein Leben hat sich daraufhin gründlich verändert. Nicht, dass ich ab sofort ein fehlerloses Leben geführt hätte. Wahrlich nicht. Es ist geradezu beschämend, wie oft ich Menschen verletzt, auch gelogen habe, obwohl ich wusste, wie sehr das Gott schmerzt. Aber ich habe es immer wieder bereut und weiß, dass Gott mir vergeben hat.
Verändert hat sich mein Leben aber vor allem, weil ich die Existenz Gottes spüre. Oft habe ich eigene Vorstellungen für mein Leben, plane meine Zukunft, und trotzdem kommt es nicht so, wie ich will. Es passieren eigenartige, nicht erklärliche, oft von mir nicht gewollte Dinge, und am Ende läuft es besser, als ich mir je vorgestellt habe. Das lässt sich nur erklären mit der Existenz Gottes in meinem Leben. Überall ist mir das widerfahren : im Studium, bei der Ausbildung zum Journalisten und vor allem bei den Jobs, die ich seither bekommen habe. Vieles dabei grenzt an Wunder – und vielleicht sind es auch welche. Und ich danke Gott, dass er mir die Möglichkeit gibt, diese Erfahrungen zu machen.
Thorsten Alsleben
Redakteur im Hauptstadtstudio des ZDF in Berlin
Gekürzte Fassung aus: „Mehr Mut zu Werten“, Hrsg.: Wolfgang Baake, Taschenbuch, 128 Seiten, Hänssler Verlag, www.wertebibliothek.de
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Der Artikel erschien in „Der Weg“ 4/2009
[1] Fragebogen
[2] jemand mögen: jemanden gern haben
[3] verächtlich reden
[4] das Austeilen von Geschenken
[5] Der Stellvertreter: ein Mensch, der an meiner Stelle handelt (oder etwas erleidet)
[6] geschehen