Vom Atheisten zum Christen

Manfred war etwa 30 Jahre überzeugter Atheist. Für ihn war Religion nur ein Betäubungsmittel, um Menschen ruhig zu stellen. Er diskutierte sehr oft, gerne und zum Teil sehr aggressiv darüber. Und er hatte viele gute Gegenargumente.

Wovon seine Frau Annette überzeugt war, glaubte er nicht. Es gab Spannungen in der Ehe. Existenzangst auf der einen und Gottvertrauen auf der anderen Seite ließen die Ehepartner immer weiter voneinander wegrücken. Er erzählt selbst:

Eine Sekte?

Als ich Annette kennen und lieben lernte, gab es von Anfang an eine Disharmonie: Sie glaubte an Gott. Aber sie lebte ihren Glauben nicht offensiv, so konnte ich gut damit leben. Für mich sehr plötzlich lebte dann Annette ihren Glauben intensiver: Sie ging in eine „Gemeinde“. Für mich brach eine Welt zusammen. Ich hatte das Gefühl, meine Familie würde mir entfremdet[1]. Annette und die Kinder wurden immer stärker von der „Sekte“ angezogen, bis sie schließlich sogar mitarbeiten wollte.

Ich war durch meinen Beruf selten zu Hause, aber da ich ein „moderner“ Ehemann war, überließ ich ihr die Entscheidung. Sie tat es. Teilweise stand ich vor einem Rätsel: Wie schaffte sie das? Woher holte sie die Kraft? Wer richtete sie auf, wenn etwas daneben ging? Irgendwie beneidete ich Annette um ihre Zuversicht, doch oft wurde ich zornig, wenn mir ihr Einfluss auf die Kinder zu groß wurde.

Eine unverschämte Einladung

Weihnachten 1999 besaßen „die von der Gemeinde“ die Unverschämtheit, Annette und mich zum Essen einzuladen. Ich weiß nicht, warum ich mitgegangen bin. Vielleicht wollte ich kein Spielverderber[2] sein. Ich saß dann dort unter lauter Christen und alle wussten, dass ich keiner war. Und trotzdem wurde ich akzeptiert.

Im Oktober 2000 wurde mein Leben auf den Kopf gestellt[3]. Ich musste ein Auto von Frankfurt nach Wiesbaden abschleppen. Der Fahrer war auf der Buchmesse Aussteller. Zudem war er Christ. Wir redeten während der Fahrt etwa anderthalb Stunden. Danach war ich wohl ein anderer Mensch. Denn er machte mir klar, dass auch ich den Weg zu Gott gehen kann. Obwohl ich gegen fast alle Gebote bewusst verstoßen hatte.

Eine unverschämte Frage

Dann fragte er mich, ob er für mich beten darf. Jetzt, in meinem Abschleppwagen. Hätte das jemand vorher versucht, wäre er aus dem LKW geflogen. Aber ich ließ es zu, und seitdem hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas mit mir geschah. Das hat mich dazu geführt, über meinen Stolz nachzudenken. Und über meinen Gesichtsverlust[4], denn ich hatte vor, in die Kirche zu gehen. Ich, der Atheist, der immer auf Christen geschimpft hatte und der gegen sie argumentiert hatte, dachte um.

Zu Hause

An Weihnachten 2000 ging ich in die Gemeinde. Ich ging durch die Eingangstür und hatte das Gefühl, ich bin zu Hause. Ich hatte das Gefühl, jemand hat mich an die Hand genommen. Und diese Hand wollte ich nicht mehr loslassen. Diese Hand führte mich später zu einem Glaubens-Grundkurs, und es verfestigte[5] sich alles in mir. Aus der Hoffnung auf eine Chance vor Gott wurde Gewissheit. Ich hörte die Versprechungen der Bibel und erkannte, dass sie auch für mich gelten.

Im Gespräch mit anderen Teilnehmern beantwortete ich deren Fragen und gab mir selbst damit Antworten und Verständnis. In mir entstanden Gefühle und Vorstellungen, die mir völlig fremd waren. Es gab Veränderungen bei mir, und meine Kollegen fragten mich: „Bist du in einer Sekte? Irgendetwas ist mir dir …“ Wenn ich erklärte, dass ich in einer christlichen Gemeinde sei und nicht in einer Sekte, glaubte mir niemand.

Veränderungen!

Aber ich sah die Menschen plötzlich mit anderen Augen. Ich sah nicht mehr zuerst das „tolle Äußere“. Mein Herz ist so weich und voller Gefühl, wie ich es noch nie erlebt habe. Sehr leicht laufen bei mir nun die Tränen, und mein Lachen kann auch sehr laut werden. Während des Glaubens-Grundkurses wurde ich zum Nichtraucher. Ich hatte 30 bis 50 Zigaretten am Tag geraucht und hörte von heute auf morgen auf – ohne Entzugserscheinungen[6]. Für mich ist dies ein Geschenk. Ich hörte sogar auf, Abfall aus dem Auto zu werfen. Lach nicht darüber, es ist einfach so.

Am 11.02.2001 übergab ich mein Leben an Jesus und wurde vier Monate später getauft. Die Taufe war für mich ein notwendiger Schritt des Gehorsams und ein Zeichen, dass ich zu Jesus Christus gehöre.

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 4/2006

 

[1] entfremden: fremd werden
[2] der Spielverderber: jemand, der mir eine Freude zerstört
[3] etw. auf den Kopf stellen: etwas völlig verändern
[4] der Gesichtsverlust: sich lächerlich machen
[5] verfestigen: zur Gewissheit werden
[6] die Entzugserscheinungen: Auswirkungen, die entstehen, wenn man eine Sucht aufgibt