Es war an einem Sabbat [1]. Jesus ging auf einem Weg nahe bei der großen Stadt Jerusalem. Seine Jünger waren bei ihm und noch viele andere Menschen. Sie sahen alle ehrfurchtsvoll [2] auf Jesus und fragten einander: ,Wird er jetzt nach Jerusalem gehen, um dort König zu werden?“ Sie wollten so gern, dass Jesus ihr König würde, denn im Land waren Feinde, die Römer, und die quälten [3] die Menschen zuweilen sehr. Wenn aber Jesus König wäre, könnte er gegen sie kämpfen und sie alle vertreiben. Er war ja so mächtig. Er konnte alles!
Jesus ließ einen Esel holen. Die Menschen zogen ihre Mäntel aus und legten sie auf den Rücken des Esels. Dann halfen sie Jesus hinauf, und er ritt los. Die Jünger gingen nebenher. Und die Menschen liefen auch mit. Plötzlich begannen sie zu rufen: ,Da reitet unser König! Hosanna [4], unser König!“ Es kamen immer mehr Menschen hinzu. Aus Jerusalem kamen sie auch schon gelaufen. Dort hatten sie gehört, dass Jesus käme. Und alle Menschen riefen und sangen: ,,Unser König kommt! Gesegnet sei er, der da kommt im Namen des Herrn [5]. Hosanna, unser König!“
Sie pflückten lange Palmblätter von den Bäumen und winkten damit. Die Blätter waren wie große Fahnen. Sie zogen ihre Mäntel aus und breiteten sie auf dem Weg aus. Darüber sollte der Esel laufen. So brauchte ihr König nicht über den staubigen Boden zu reiten. Sie jauchzten [6] und sangen. Und sie dachten: ,Nun wird Jesus unser König werden, unser Kampfkönig. Dann wird er in einem schönen Palast [7] wohnen, genauso wie früher der König David. Und uns alle wird er reich und glücklich machen.“ Je näher sie an die Stadt kamen, um so lauter sangen sie: ,Hosanna, Hosanna!“
Am Wegrand aber standen reiche und vornehme Männer. Das waren die Priester [8] und Pharisäer [9]. Die sangen nicht mit. Sie waren eifersüchtig [10], weil die Menschen Jesus so liebten und ihm so gern zuhörten. Sie dachten: ,Die Menschen müssen auf uns hören, wir wissen, was sie tun sollen.“! Jetzt sahen sie Jesus heranreiten und hörten, was die Menschen riefen. Da sagten sie zu ihm: ,Meister, sag doch deinen Jüngern, dass sie das nicht rufen dürfen!“
Aber Jesus ließ sie ruhig rufen. Es stimmte ja: Er war ein König, aber ein anderer König, als die Menschen dachten: Kein gewöhnlicher König, kein Kampfkönig, ein Friedenskönig war er! Die Menschen verstanden das nicht. Sie dachten, dass er sofort König werden würde. Darum waren sie so froh. Sie lachten und sangen und jubelten.
So zog Jesus in Jerusalem ein und ritt durch die Straßen zum Tempel. Eines Tages würde er doch König sein.
Mit freundlicher Genehmigung aus: Anne de Vries, Die Kinderbibel © Friedrich Bahn Verlag, Neukirchen-Vluyn, 1999.
[1] der Sabbat: der jüdische Feier-/Ruhetag am Samstag
[2] ehrfurchtsvoll: (hier) voller Respekt vor der Würde einer Person
[3] quälen [kwä:len]: jmdm. seelische oder körperliche Schmerzen bereiten
[4] hos(i)anna: Freudenruf, Begrüßungsruf („Hilf doch!“)
[5] (im Namen Gottes)
[6] jauchzen: mit lauter (hoher) Stimme jubeln
[7] der Priester: (hier) ein Mann, der ein religiöses Amt im Tempel (= der Ort, an dem Gott in Israel verehrt wurde) hatte
[8] der Palast: ein großes, teures und prachtvolles Gebäude, in dem ein König o.ä. lebt
[9] der Pharisäer: ein Mann, der versuchte, ganz genau die Gesetze Gottes einzuhalten, es aber oft nicht tat
[10] eifersüchtig: voller Angst, die Liebe oder Aufmerksamkeit eines anderen Menschen an eine dritte Person verlieren