Deutsche Städte

Kulturstadt Leipzig

Das Stadtarchiv im Alten Rathaus von Leipzig bewahrt den berühmten „Leipziger Stadtbrief“ auf. Darin kann man lesen, dass Markgraf Otto von Meißen im Jahre 1165 der Kaufmannssiedlung „Urbs Lipsk“ das Stadtrecht verlieh. Der Name „Lipsk[1]“ verrät, dass sich zuerst slawische Stämme in der Leipziger Gegend ansiedelten, wo sich die beiden großen Fernhandelsstraßen – die „Via Regia“ und die „Via Imperia“ – kreuzten. Bald entwickelte sich Leipzig zu einer lebhaften Handelsstadt, wo Waren aus dem Orient, aus Venedig, sowie aus Russland und dem Baltikum, aus Flandern und anderen westeuropäischen Ländern angeboten und verkauft wurden. 1497 verlieh Kaiser Maximilian der Stadt den Rang einer Reichsmessestadt mit unbeschränkter Marktfreiheit. Damit wurde Leipzig zu einer der bedeutendsten, wirtschaftlich mächtigsten deutschen Städte.

Leipzig Marktplatz (Bild: Der Weg)

Gleichzeitig wurde Leipzig ein wichtiges Zentrum von Bildung und Kultur. Im Jahre 1409 gründeten Professoren und Studenten, aus Prag kommend, die „Alma mater Lipsiensis“, die Leipziger Universität, nach Heidelberg die zweitälteste in Deutschland. Von den Folgen schwerer Kriegsverwüstungen [2] hat sich die Stadt immer wieder rasch erholt.

Stadt des Buches

Der Gewerbefleiß ihrer Bürger, das Interesse für Kultur und Bildung und der Mut zum Neuanfang prägten von jeher den Geist der Stadt. Schon allein Leipzigs Ruhm als Buchstadt hat dafür gesorgt, dass der Name der Stadt um die Welt ging. Bereits 35 Jahre nach der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg in Mainz wurde in Leipzig die erste Druckerei eingerichtet und 1650 die erste Tageszeitung der Welt gedruckt. Diese Zeitung erschien sechsmal wöchentlich, hatte vier Seiten im A5-Format und enthielt vorwiegend politische Meldungen. 1507 wurde in Leipzig das weltweit erste Lehrbuch gedruckt, ein Lehrbuch der Meteorologie. 1522 erfolgte in der Stadt an den Flüssen Elster und Pleisse der Erstdruck von Martin Luthers deutscher Übersetzung des Neuen Testaments.

Die Namen berühmter deutscher Verlage wie Brockhaus, Baedecker, Reclam, Insel, Rowohlt – um nur einige zu nennen – sind eng mit Leipzig verbunden. Im Reclam Verlag mit eigener Druckerei erschienen seit 1867 unter dem Titel „Reclams Universalbibliothek“ preiswerte Ausgaben der Weltliteratur, die besonders von Schülern und Studenten gern gekauft werden. In Leipzig entstand die Deutsche Nationalbibliothek, die seit 1913 die gesamte deutschsprachige Literatur des In- und Auslandes sammelt, hier befindet sich das Deutsche Buch- und Schriftmuseum. Literaturfreunde kommen in Leipzig mehrmals im Jahr auf ihre Kosten: vor allem während der im Frühjahr stattfindenden Buchmesse, wenn es heißt: „Leipzig liest“, sowie beim „Leipziger Literarischen Herbst.“

Leipzig Thomaskirche (Bild: Der Weg )

Stadt der Musik

Seit Jahrhunderten gilt Leipzig als Musikstadt. Mit Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann sind nur drei ganz große Namen genannt, mit denen der Ruf Leipzigs als Musikstadt verbunden ist. J. S. Bach hat fast die Hälfte seines Lebens (1723-1750) als Kantor der Thomaskirche in der Stadt verbracht. Viele seiner Werke – Passionsmusiken, Messen, Kantaten – hat er mit dem Thomanerchor, dem bereits 1212 gegründeten Knabenchor des Thomasklosters, hier uraufgeführt. Bachs Erbe wird bis heute fortgeführt: Zweimal wöchentlich und an Sonntagen im Gottesdienst in der Thomaskirche singen die etwa 100 Knaben „dem Herrn ein Lied“. Im Jahre 1781 wurde im Gewandhaus, dem ehemaligen Zunfthaus der Tuchmacher, ein Konzertsaal mit hervorragender Akustik eingerichtet. Das Gewandhausorchester erlebte seine erste Glanzzeit unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy und gehört heute zu den weltweit besten Orchestern. Ein eigenes Bachorchester widmet sich der besonderen Bachpflege. Mit dem alljährlich stattfindenden Bach-Fest und dem Bach-Wettbewerb für junge Interpreten etablierte sich Leipzig als weltweit führende Stätte der Bachforschung und Bachpflege.

Stadt von Wissenschaft und Forschung

Auch als Stätte der Wissenschaft und Forschung blickt Leipzig auf eine lange Tradition zurück: Im Jahr 1687 begann der Rechtsgelehrte und Philosoph Christian Thomasius als erster deutscher Hochschullehrer, Vorlesungen in deutscher statt wie bisher in lateinischer Sprache zu halten.

Die Namen der Leipziger Universitätsprofessoren Gottsched und Gellert sind eng mit der Entwicklung von deutscher Poesie, Dichtkunst und Rhetorik verbunden. Leibniz, Lessing und Goethe [3] waren Studenten der Leipziger Universtät. Im 20. Jahrhundert lehrten die weltbekannten Physiker Gustav Hertz und der Nobelpreisträger Werner Heisenberg, der Mitbegründer der Quantentheorie, in Leipzig. Heute sind ca. 25.000 Studenten an der Leipziger Uni eingeschrieben, und ohne seine Studenten wäre das Leben in der Stadt vermutlich nur halb so anregend. Neben der Universität gibt es in Leipzig die von F. Mendelssohn Bartholdy gegründete traditionsreiche Hochschule für Musik und Theater, die Hochschule für Grafik und Buchkunst, die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, sowie seit 1996 eine private Handelshochschule. Im Herder-Institut werden seit 1961 ausländische Studenten auf ihr Hochschulstudium in Deutschland vorbereitet.

Eine schöne Altstadt

Von Besuchern der Stadt wird es stets als angenehm empfunden, dass Leipzigs Altstadt so „überschaubar“ ist und alle bedeutenden Gebäude dicht beieinander liegen. Die Stadt hat etwa 550.000 Einwohner, aber die City nimmt nur knapp einen Quadratkilometer ein. An dem schönen, regelmäßigen Grundriss der Innenstadt hat sich seit dem Mittelalter nichts verändert. Mittelpunkt ist der Marktplatz mit dem prächtigen Renaissance-Rathaus. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts setzte eine glanzvolle Bauperiode ein, die das Stadtbild entscheidend prägte. Stattliche, teils palastartige Häuser sollten die gesellschaftliche Stellung der reichen Kaufherren repräsentieren und zugleich den Bedürfnissen der Handelsmessen dienen. Sie wurden als so genannte Durchgangshäuser mit geräumigen Innenhöfen errichtet und verbanden meist zwei Straßen miteinander.

Leipzig von oben (Bild: Der Weg )

Viele Straßen sind durch Passagen verbunden, in denen es gemütliche kleine Lokale und zahlreiche teure Boutiquen gibt. Der junge Goethe, aus der reichen Messestadt Frankfurt kommend, staunte über die stattlichen Häuser in Leipzigs Innenstadt, die „nach zwei Seiten ihr Gesicht wendend, in großen, himmelhoch umbauten Hofräumen eine bürgerliche Welt umfassen.“ (Goethe)

Leipzig war auch der Ausgangspunkt der friedlichen Revolution in der DDR von 1989. Seit der Wiedervereinigung Deutschlands präsentiert sich Leipzig heute nach einem beispiellosen Wiederaufbau als weltoffenes Zentrum von Handel, Kultur und Wissenschaft, wo Tradition und Moderne eine faszinierende Einheit bilden.

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 4/2007

 

[1] ein Ort, wo viele Linden wuchsen
[2] während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), im Schmalkaldischen Krieg (1547) und während der Kämpfe gegen Napoleon (1813)
[3] Goethe studierte in Leipzig 1765-1768. Der Auerbachs Keller ist durch die Szene „Auerbachs Keller in Leipzig“ in seinem Nationaldrama „Faust“ heute ein weltbekanntes Lokal.