Liebe Irina,
vielen Dank für die Glückwünsche zur Geburt meiner Tochter Claudia! Mein Leben hat sich sehr verändert, denn sie braucht jetzt meine ganze Aufmerksamkeit. Gerne erzähle ich dir, wie die neun spannenden Monate bis zur Entbindung[1] vergangen sind.
Nachdem meine Frauenärztin die Schwangerschaft festgestellt hatte, gab sie mir ein kleines Buch, den Mutterpass. In ihm werden die Ergebnisse der Kontrollen eingetragen. Besonders beeindruckt haben mich die regelmäßigen Ultraschalluntersuchungen[2], die man auch scherzhaft als Baby-Fernsehen“ bezeichnet. So konnte ich sehen, wie sich das Kind in mir entwickelte.
Als mein Bauch immer dicker wurde, kaufte ich Kleidung für Schwangere. In vielen Bekleidungsgeschäften gibt es eine besondere Abteilung für Umstandsmode[3]. Je näher der Geburtstermin kam, desto mehr schauten wir nach der Ausstattung für das Baby in Baby-Fachgeschäften und auf den Märkten für Kindersachen. Dort kauft man von Privatpersonen oft sehr preiswert gebrauchte und trotzdem gut erhaltene Baby-Kleidung und Spielzeug. Aber auch aus Katalogen kann man alles fürs Baby bestellen und bekommt es per Post nach Hause geschickt.
In den letzten Wochen vor der Entbindung besuchte ich einen Geburtsvorbereitungskurs. Eine Hebamme bereitete uns mit Gymnastik und wichtigen Informationen auf die Geburt vor. Es gab auch einen Kurs mit dem Partner zusammen, denn in Deutschland ist es normal, dass die Väter dabei sind, wenn das Kind zu Welt kommt.
Schon frühzeitig sah ich mich in verschiedenen Krankenhäusern um, wie die Entbindungsstationen ausgestattet sind. Ich entschied mich für eine Klinik, die über mehrere moderne Kreißsäle[4] verfügt. Im Kreißsaal ist immer nur eine Frau zur Entbindung,
die von den Hebammen[5] und den Ärzten betreut wird.
Ein Wunder Gottes
Und dann kam der Tag der Geburt. Als ich meine Tochter endlich in den Armen hielt, dankte ich Gott für dieses Wunder. Du hättest sie sehen sollen mit ihrem süßen Köpfchen, den Ärmchen und Beinchen. An den kleinen Fingerchen waren sogar schon die Fingernägel ziemlich lang gewachsen. Gott hat alles so perfekt gemacht!
Im Krankenhaus konnte Claudia bei mir auf dem Zimmer sein, solange ich es wünschte. Wenn ich schlafen wollte, wurde Claudia in dem Zimmer für Neugeborene betreut. Die Säuglingsschwester erklärte mir alles über die Pflege und das Stillen[6] des Kindes. Nach fünf Tagen durfte ich nach Hause gehen. Natürlich musste ich auch dort noch vieles lernen. Deshalb kam in den ersten Tagen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus eine Hebamme zu mir. Sie gab mir viele praktische Ratschläge und zeigte mir, wie ich Claudia baden kann.
Sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin und acht Wochen nach der Entbindung darf die Frau in Deutschland nicht arbeiten. Trotzdem bekommt sie für diese Zeit das Geld vom Arbeitgeber oder der Krankenkasse. Vom Staat bekommt die Familie noch ein monatliches Kindergeld als Unterstützung. Du kannst dir bestimmt vorstellen, dass wir mit Claudia mehr Ausgaben haben. Außerdem habe ich noch ein zusätzliches Erziehungsgeld bei den Behörden[7] beantragt. Ob wir es für die ersten zwei Jahre bekommen, hängt von der Höhe unseres Einkommens ab.
In regelmäßigen Abständen werde ich mit Claudia zum Kinderarzt gehen. In Vorsorgeuntersuchungen wird festgestellt, ob sie sich gut entwickelt.
Für heute schließe ich meinen Brief. Denn ich habe jetzt den Termin für die Rückbildungsgymnastik. Dort zeigt mir die Hebamme verschiedene Übungen, damit die durch die Schwangerschaft und Entbindung verursachten körperlichen Veränderungen wieder korrigiert werden.
Viele liebe Grüße und alles Gute!
Deine Elena
[1] die Entbindung: Geburt eines lebenden Kindes
[2] der Ultraschall: Töne von so hoher Frequenz, dass der Mensch sie nicht hören kann
[3] Umstands-: für die Schwangerschaft geeignet
[4] der Kreißsaal: der Raum in einem Krankenhaus, in dem Frauen Kinder bekommen (gebären)
[5] die Hebamme: eine Frau, die beruflich bei Geburten hilft
[6] stillen: als Mutter ein Baby an der Brust Milch trinken lassen
[7] die Behörde: eine von mehreren zentralen oder örtlichen Institutionen, die von Staat, Kommunen oder Kirchen damit beauftragt werden, bestimmte administrative oder gerichtliche Aufgaben durchzuführen