Wer wünscht sich nicht einmal einen Aufenthalt in Deutschland? Viele Jahre hat man die Sprache gelernt und nun möchte man sie anwenden und mit „richtigen“ Deutschen sprechen. Eine gute Möglichkeit dafür bietet ein Jahr als „Au-pair“. Der Begriff kommt aus dem Französischen und heißt übersetzt „auf Gegenseitigkeit“. Aus dem Aupairverhältnis[1] sollten beide Seiten einen Nutzen ziehen.
Zurzeit kommen jährlich ca. 30.000 junge Menschen im Alter von 17 – 25 Jahren als Aupair nach Deutschland. Ein sehr großer Teil, ca. 80%, kommt aus Osteuropa, 10% der Bewerber kommen aus Afrika, 5% aus Lateinamerika, 3% aus Asien und 2% aus EU Staaten und den USA. 90% aller Bewerber sind junge Frauen.
Als Aupair lebt man in Gastfamilien, um die Kultur und die Sprache des Gastgeberlandes kennen zu lernen. Nach deutschen Standards stehen den Aupairmädchen und Aupairjungen [2] 205,– Euro Taschengeld pro Monat zu. Sie müssen in einem eigenen Zimmer untergebracht werden und sollen das gleiche Essen erhalten wie auch ihre Gastfamilie. Als Gegenleistung werden bis zu fünf Stunden Mithilfe im Haushalt und Kinderbetreuung erwartet, allerdings nicht mehr als 30 Stunden pro Woche.
Ausgebeutet und Alleingelassen
Dies hört sich gut an, ist es aber leider nicht immer. Obwohl es viele gute Gastfamilien gibt, werden Aupairmädchen manchmal auch ausgebeutet[3]. Sie bekommen eine schlechte Unterbringung, schlechtes Essen oder müssen viel mehr arbeiten als erlaubt. Schuld daran ist auch ein Gesetz der deutschen Regierung aus dem letzten Jahr, das es leichter macht, eine Aupairagentur zu eröffnen.[4] Gab es früher etwa 200 Agenturen, so sind es heute etwa zehn Mal so viele Anbieter, und viele davon sind „schwarze Schafe“[5]. Sie vermitteln billiger und oft auch in Familien, die ihre Aupairmädchen schlecht behandelt haben. Sie interessieren sich nicht dafür, ob den Aupairmädchen ein eigenes Zimmer zur Verfügung steht, ob sie ihr Taschengeld erhalten und ob die Gasteltern ihnen genug Freizeit gewähren. Manchmal dient „Aupair“ nur als Aushängeschild für das Geschäft der Heiratsvermittlung – oder Prostitution. Und viele Aupairmädchen können oder wollen sich nicht dagegen wehren.[6]
Für das Leben lernen
Aupairmädchen haben es also manchmal schwer, aber natürlich nicht immer. Viele haben sehr gute Erinnerungen an ihre Zeit in Deutschland. Es hilft, wenn man sich im Vorfeld[7] gut über das Gastland informiert und sich nur einer seriösen[8] Vermittlungsagentur anvertraut.[9] Seriöse Vermittler informieren sich intensiv über das Aupairmädchen und die Gastfamilie und stehen auch in Deutschland mit Rat und Tat zur Seite. Da eine Vermittlung etwa drei Monate benötigt[10], sollte man besonders bei schnellen Vermittlungen vorsichtig sein.[11]
Aber auch eine seriöse Agentur und eine verständnisvolle Gastfamilie können Probleme nicht ganz ausschließen. Die andere Kultur und Sprache des Gastlandes, das Leben in einer anderen Familie mit ihren Eigenheiten[12], das fremde Essen wie auch die Trennung von Familie und Freunden zu Hause, machen manchem Aupairmädchen das Leben schwer.[13] Aber die Zeit als Aupair lohnt sich auf jeden Fall, wenn jemand die Erfahrungen und Herausforderungen annimmt und meistert. Keine Schule oder Universität kann sie so gut vermitteln wie das Leben.
Weitere Informationen im Internet:
- Au-Pair-Box (gute Seite rund um das Thema „Au-Pair“)
- Au-Pair Index (Aupair Agenturen Verzeichnis)
- Au-pair Agentur World-wide
- Au-Pair Wizard (suchen und anbieten)
- Christliche Au-Pair Vermittlung Brücke
- Family Au-Pair Service Scheffczyk
- MultiKultur Aupair Service
- Verein für internationale Jugendarbeit
[1] Aus Bekanntheitsgründen haben wir am Anfang des Textes dem Begriff Au-pair den Vorzug gegeben. Im weiteren Textverlauf benutzen wir die eingedeutschte Version Aupair.
[2] Da sich der Plural des Wortes Aupair im Deutschen nicht bilden lässt, benutzen wir den Begriff Aupairmädchen und Aupairjungen. Im weiteren Verlauf des Textes lassen wir den Aupairjungen aus Platzgründen weg. Das Geschriebene bezieht sich aber natürlich auf weibliche wie auf männliche Aupairjugendliche.
[3] ausbeuten: Leistungen verlangen oder erzwingen, ohne sie angemessen zu bezahlen, damit man selbst davon profitiert
[4] Das Gesetz gilt seit März 2002. Danach kann jedermann Aupairjugendliche vermitteln, solange er einen Gewerbeschein besitzt, der nur 30 Euro kostet.
[5] das schwarze Schaf: jemand, der sich von den anderen Mitgliedern einer Gemeinschaft negativ unterscheidet
[6] Da viele Aupairjugendliche aus eher armen Familien kommen, müssen sie im Heimaltland Schulden machen, um die Reise und Vermittlung nach Deutschland zu bezahlen. Die Schulden müssen sie dann mit dem Taschengeld begleichen, das sie erhalten. So wehren sie sich kaum gegen schlechte Behandlung, denn sie fürchten die Ausweisung, und dass damit ihre Familien auf den Schulden sitzen bleiben.
[7] im Vorfeld: während etwas Wichtiges vorbereitet wird
[8] seriös: so, dass man ihnen glauben und vertrauen kann, vertrauenswürdig
[9] Die meisten seriösen Vermittler sind Mitglieder der Au-pair-Society e.V. oder im Ring deutscher Au-pair-Vermittler e.V.
[10] Diese Zeit benötigt man für die Beantragung von Visum und Arbeitserlaubnis.
[11] Oft reisen die Aupairjugendliche dann nur mit einem Besucher-Visum ein und gelten dann nach drei Monaten als Illegale. Ein Aupairvisum gilt für drei Monate und wird dann in Deutschland auf ein Jahr verlängert.
[12] die Eigenheit: etwas (meist ein Merkmal oder eine Verhaltensweise), das typisch für jemanden ist – Eigenart
[13] Manchmal kommt man auch mit einer Familie nicht zurecht, und man muss versuchen, eine andere zu finden.