Lange bevor man das Geld als Zahlungsmittel erfand, kaufte man ein, indem man tauschte.
Für ein Hasenfell bekam man vielleicht ein Huhn, für einen Korb voll Äpfel ein paar Fische, für eine scharfe Axt ein Pferd und so weiter.
Auch Eier waren ein beliebtes Tauschobjekt. Man bekam nicht viel für ein Ei. Aber eine größere Anzahl von Eiern hatte schon ihren Wert.
Das wußten auch die Grundbesitzer, die ihr Land an arme Bauern verpachteten. Diese mußten dafür eine Art Mietgeld, den Pachtzins, zahlen, indem sie einen großen Teil ihrer Erträge auf dem Hof ihres Grundbesitzers ablieferten. Und dazu gehörten natürlich auch Eier.
Wenn die Hühner gesund blieben, konnte die Bäuerin, die auf jedem Hof das Kleinvieh versorgte, die Zinseier gut zusammenbringen. Nur Ostern wurde es schwierig. In den langen Fastenwochen vor dem Fest durfte ja kein Ei gegessen werden, und es kamen natürlich viele zusammen. Aber ein großer Teil davon verdarb während der langen Lagerzeit, und faule Eier nahm kein Grundbesitzer als Zinszahlung an. Da war guter Rat teuer.
Endlich kam eine kluge Bäuerin auf eine Idee. Sie beschloß, die meisten Eier zu kochen und auf diese Weise haltbarer zu machen. Und sie wußte auch, wie sie die rohen von den gekochten Eiern unterscheiden konnte. Sie kochte sie einfach zusammen mit Pflanzen, die starke Säfte absonderten, und färbte die Eier damit bunt. Gelbe Eier färbte sie zum Beispiel mit Zwiebelschalen, grüne mit Spinat, rote mit dem Saft der Hagebutten oder roter Beete. Bald standen Körbe voll bunter Eier für den Grundbesitzer bereit. Ja, die Bäuerin konnte sogar noch einige davon auf dem Wochenmarkt verkaufen. „Es sind Ostereier“, sagte die Bäuerin. „Sie bringen Glück.“
Da wurde sie ihre Ware so schnell los wie nie zuvor. Jeder wollte die bunten Glückseier kaufen.
Seit dieser Zeit im Mittelalter gehören nicht nur weiße, sondern auch farbige Eier zu jedem Osterfest. Die Lieblingsfarbe aber ist rot. Rot, wie das Osterfeuer, rot wie das ewige Licht und rot wie das Blut des gekreuzigten, vom Tode auferstandenen Heilands.