Das Jahr 2006 liegt hinter uns. Zeit, Rückschau zu halten und die wichtigsten Ereignisse Revue passieren[1] zu lassen. Auch in diesem Jahr helfen uns dabei wieder die Wörter des Jahres.
Das Jahr 2006 begann in dem ungewöhnlich kalten, sonnigen und trockenen Januar. Bald darauf machte sich die Panik vor der Vogelgrippe breit. Betroffen waren Wildvögel, später auch Geflügel. Aber die gefürchtete Epidemie lässt noch auf sich warten.
Die Winterolympiade in Turin wurde für die Deutschen zum Erfolg. Mit 29 Medaillen landeten sie auf Platz eins. Zahlreiche europäische Zeitungen druckten Karikaturen über den Propheten Mohammed. Weltweit protestierten daraufhin Muslime gegen die vermeintliche Beleidigung ihrer Religion. Man spricht vom Karikaturenstreit.
In einer Berliner Hauptschule mit einem Ausländeranteil von 83% gab es Probleme: Gewalt, Respektlosigkeit und Ignoranz der Jugendlichen sind Alltag für viele Lehrer. Die Pädagogen sahen ihre Schule „am Ende der Sackgasse angekommen“ und forderten die Schließung. Als dies bekannt wurde, begann in den Medien eine heiße Diskussion über das Ende der Träume von der Multikulti[2]-Gesellschaft.
Endlich hat Berlin wieder einen Hauptbahnhof. Nach achtjähriger Bauzeit und mindestens 700 Millionen – Kosten können ab Mai mehr als 1000 Züge täglich diesen Knotenpunkt benutzen.
Im Juni begann in Deutschland die Fußballweltmeisterschaft. Es wurde ein noch nie da gewesenes Fußballfestival. Ganz Deutschland feierte, und die Welt feierte mit unter dem Motto: „Die Welt zu Gast bei Freunden“. In den Stadien und auf den Straßen tanzten und feierten die Menschen bei tropischen Temperaturen. Besonders beliebt waren die so genannten „Fanmeilen“, wo sich Fußballfans aus aller Welt zum fröhlichen Feiern trafen und sich die Fußballspiele auf großen Leinwänden ansahen. Insgesamt kamen in Deutschland 15 Millionen Fans zum gemeinsamen Ansehen der Spiele zusammen.
Das Wort „Fanmeile“ wurde dann auch zum Wort des Jahres 2006 gewählt. Die Fußball-WM stärkte das Nationalbewusstsein der Deutschen und widerlegte die Vorurteile vieler über die Deutschen. Fröhlich, fair und tolerant, so zeigten sich die Deutschen der Welt.
Die Grundstimmung kommt auch in einem anderen Wort des Jahres zum Ausdruck: schwarz-rot-geil[3]! Ein Grund dafür war sicherlich auch das gute Abschneiden der deutschen Mannschaft, die erst im Halbfinale ausschied. Besonders der Bundestrainer Jürgen Klinsmann eroberte mit seiner Mannschaft, den Klinsmännern, die Herzen der Deutschen. So wurde die deutsche Mannschaft am Ende Weltmeister der Herzen.
Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland war im Jahr 2006 positiv. Vermehrt wurden wieder Ausbildungsstellen angeboten. Und trotzdem gibt es Probleme. Etwa 8% der Deutschen sind arbeitslos oder haben nur unsichere Jobs. [4] Und dann sind da noch die Studenten, die nach ihrer Ausbildung oft keine Stelle finden, sondern unbezahlten oder minderbezahlten Tätigkeiten in ungesicherten beruflichen Verhältnissen nachgehen müssen. Die Generation Praktikum wurde als Wort des Jahres auf den zweiten Platz gewählt.
Ein anderes Problem der Studenten ist die Tatsache, dass sie jetzt in vielen Bundesländern schon ab dem ersten Studiensemester Studiengebühren von bis zu 500 bezahlen müssen. So entstand der Begriff Bezahlstudium.
Nach jahrelangen, oft heftigen Debatten über die deutsche Orthographie, gab es in diesem Jahr gute Nachrichten. An einigen Punkten wurden wieder die alten Regeln eingesetzt, so dass die neue Rechtschreibung jetzt auch fast durchgängig in den deutschen Printmedien verwendet wird. Der Rechtschreibfrieden ist wieder hergestellt!
Der Artikel erschien in „Der Weg“ 1/2007
[1] etw. Revue passieren lassen: etwas in seinem Ablauf in Gedanken oder Worten noch einmal an sich vorbeiziehen lassen
[2] gek. aus Multikulturalität (viele Kulturen umfassend)
[3] geil: (Jugendspr.) super, toll
[4] Sie gehören nach einer Studie zum „abgehängten Prekariat„. Diese Neuprägung ist eine durchaus kritisch zu sehende Benennungsalternative für »Unterschicht«.