„Muster-Ländle“ Baden-Württemberg
Heute überfliegen wir wieder einmal gemeinsam ein deutsches Bundesland: Baden-Württemberg[1], dass 2001 Jahr 50 Jahre alt wurde. Es ist 35752 qkm groß und hat über 10,4 Mio Einwohner.
Wir starten vom Flughafen südlich der Landeshauptstadt Stuttgart. Zuerst fliegen wir einige Minuten Richtung Osten. Bald glitzert[2] unter uns das Wasser des Neckar, dessen Lauf wir einige Minuten lang folgen. Dieser ca. 370 km lange Fluss kommt von Süden her und trennt mit seinem Tal den berühmten Schwarzwald im Westen von der Schwäbischen Alb (1015 m), die im Osten steil in die Höhe ragt[3]. Bald liegt Tübingen unter uns. Diese Universitätsstadt hat ein wunderschönes mittelalterliches Stadtbild und ein Schloss aus dem 16./17. Jahrhundert.
Wir wenden uns ein wenig nach Südosten. In einem Seitental des Neckar, bei der Stadt Hechingen, taucht[4] unter uns die Burg Hohenzollern auf. Sie ist noch gut erhalten und sehenswert. Von hier hat das gleichnamige frühere deutsche Herrschergeschlecht seinen Ausgang genommen. Kaiser Wilhelm II. war dessen letzter Vertreter auf dem Thron; er verzichtete[5] 1918 auf die Krone.
In einem Schwenk[6] nach Osten überfliegen wir die schönen Hochebenen der Schwäbischen Alb. Unter uns weiden[7] Schafherden auf ruhiger und landschaftlich schöner Wacholderheide. Dazwischen liegen Felder und Wälder. Bald erscheint unter uns die Stadt Ulm an der Donau. Dieser Fluss ist der zweitlängste europäische Strom[8]. Hier ist er noch sehr jung und doch schon recht groß. Vorsicht: In Ulm darf unser Flugzeug nicht zu tief fliegen, denn sonst könnte es an den Turm des Ulmer Münsters stoßen. Der ist mit 162 m der höchste Kirchturm der Welt.
Auf dem Weiterflug nach Süden überqueren wir das schwäbische Allgäu. Unter uns liegt die Iller, der Grenzfluss zwischen BW und dem Nachbar-Bundesland Bayern. Die Menschen dieser Gegend leben überwiegend von der Viehwirtschaft. Viele stellen Butter und Käse her. Dazu kommt die Betreuung vieler Gäste im Fremdenverkehr[9].
In der Ferne vor uns taucht bald die Kette der Allgäuer Alpen auf. Bis auf 2594 m („Hochvogel“) steigt das Gebirge hinauf. Es gehört aber nicht mehr zu BW. Dafür hat BW aber einen großen Anteil am „Schwäbischen Meer”, dem Bodensee, den wir jetzt überfliegen. Viele weiße Segel grüßen herauf und Fährschiffe kreuzen zwischen den Städten an den Ufern der Anliegerstaaten Deutschland, Österreich und Schweiz. Am Südufer liegt die herrliche alte Grenz- und Universitätsstadt Konstanz. Sie hat ihr mittelalterliches Stadtbild weitgehend erhalten.
Zwei Inseln liegen in dem größten deutschen Binnensee, der übrigens vom Rhein durchflossen wird: Die “Reichenau” ist eine bekannte Garten- und Obstbau-Insel; die “Blumeninsel Mainau” mit Schloss und Kirche in einem herrlichen Park ist ein Magnet für den Tourismus.
Bei Unteruhldingen kann man sehen, wie die Menschen zu Urzeiten gelebt haben. Sie wohnten in Pfahlbauten. Das sind Häuser im Wasser oder am Ufer, die auf Pfählen[10] stehen. In Friedrichshafen gibt es das berühmte Zeppelin-Museum. In dieser Stadt werden auch heute noch Flugzeuge gebaut.
Wir wenden uns nach Westen und überfliegen bald den Hochschwarzwald. Der Feldberg (1493 m) ist seine höchste Erhebung. Hier leben viele Menschen von der Wald- und Viehwirtschaft und vom Fremdenverkehr. Ein Produkt vieler kleiner Handwerksbetriebe ist weltberühmt: die Kuckucksuhr. Zu jeder vollen und halben Stunde schaut ein kleiner Vogel aus seinem Gehäuse und sagt mit seinem Ruf die Zeit an. Schwarzwalduhren werden in alle Welt exportiert.
Über der Stadt Freiburg im Breisgau am Westrand des Gebirges mit ihrem gotischen Münster und der Universität von 1457 schwenkt unser Flugzeug nach Norden.
Jetzt erblicken wir rechts die Täler und Höhen des Schwarzwaldes, links die fruchtbaren Ebenen des weiten Rheintales. Jenseits des größten deutschen Flusses (1320 km) liegt das Elsass, eine Region, die früher einmal zum Deutschen Reich gehörte und seit 1919 französisch ist. Die Vogesen (Großer Belchem, 1424 m), das alte Colmar und die Grenzstadt Straßburg grüßen herüber.
Je weiter wir nach Norden kommen, desto häufiger überfliegen wir Städte, die umgeben sind von Industrieanlagen: z.B. Rastatt mit einem großen Automobilwerk von Daimler-Benz und Karlsruhe mit seinem großen Rheinhafen. In dieser Stadt befinden sich auch die höchsten deutschen Gerichte, das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof. Noch weiter rheinabwärts liegt die industriereiche „Quadratestadt” Mannheim. Sie ist bekannt durch die geometrische Anordnung ihrer Straßen. Hier treffen wir auch wieder auf den Neckar. Seinem Flusslauf folgend überfliegen wir Heidelberg. Jedes Jahr besuchen viele Touristen diese schöne alte Stadt mit ihren vielen barocken Gebäuden in rotem Sandstein, der Universität von 1386 und der Schlossanlage aus dem 13. Jahrhundert. Die frühere Residenzstadt liegt im südlichen Odenwald. Dieser Mittelgebirgszug steht im Mittelpunkt vieler alter Sagen.
Wir folgen weiter dem Neckar, an dessen Hängen[11] viele Weinreben stehen. Die Hohenloher Ebene lassen wir links liegen und blicken dabei hinein in die idyllischen Täler der Jagst und der Kocher. Im oberen Tal der Rems, die auf der Ostalb entspringt, liegt das Ursprungsgebiet des mittelalterlichen deutschen Kaisergeschlechts der Staufer. Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1155 – 1190) gehörte zu den Mächtigsten dieses Stammes. Die Goldstadt Schwäbisch Gmünd verdankt den Staufern ihre Gründung.
Jetzt wird es aber Zeit, dass wir zum Ausgangspunkt unserer Reise zurück fliegen. Ehe wir landen, zieht unser Flieger noch eine Schleife über dem städtischen und industriellen Ballungsgebiet[12] der Landeshauptstadt Stuttgart und ihrer Nachbarstädte. Mehr als 580.000 Menschen leben in der modernen Hauptstadt BWs in einem malerischen Talkessel[13] und auf den umgebenden Hügeln. Hier gibt es viele interessante und sehenswerte Dinge zu sehen. So zum Beispiel das „Alte -” und das „Neue Schloss”, die Stiftskirche, die „Liederhalle”, der Zoo „Wilhelma”, das Messegelände auf dem Killesberg, die Neue Staatsgalerie und das Gottlieb-Daimler-Stadion. Bosch, Mercedes und Porsche sind nur drei Namen von vielen Firmen, die dort ansässig[14] sind. Der „Cannstatter Wasen”, nach dem Münchener Oktoberfest das zweitgrößte deutsche Volksfest, zieht jährlich Tausende Menschen an. BW zählt zu den reichen Ländern der BRD. Hier liegt die Zahl der Arbeitslosen weit unter dem deutschen Durchschnitt. Die CDU-geführte Regierung hat ihr „Muster-Ländle”[15] gut im Griff[16].
Die Menschen in BW können fast alles, nur kein Hochdeutsch. So entnimmt man es zumindest der Fernsehwerbung dieses besonderen deutschen Bundeslandes. Wem es möglich ist, der sollte sich vielleicht selbst einmal davon überzeugen, ob diese Aussage stimmt.
Lothar von Seltmann
Anmerkung: Baden, nicht Württemberg, galt im 19. Jahrhundert als Musterländle und hatte naturräumlich durch die Oberrheinebene mit dem wärmsten Klima Deutschlands, mit fruchtbaren vulkanischen Böden, teilweise schon in der Römerzeit genutzten Heilquellen und Kurorten, ausgezeichneter Verkehrserschließung und der Nähe zu Frankreich und der Schweiz deutlich bessere Entwicklungsvoraussetzungen als Württemberg oder gar Bayern. (Quelle: Wikipedia)
Weitere Informationen über Baden-Württenberg
[1] Kurzform: BW; mit seiner Fläche von 35.752 km² als auch mit seinen gut 10,5 Millionen Einwohnern ist Baden-Württemberg das drittgrößte der 16 deutschen Bundesländer.
[2] glitzern: etwas glitzert: etwas leuchtet in vielen (Licht)Reflexen immer wieder hell
[3] ragen, herausragen: länger od. höher sein als die Umgebung u. sich deutlich von ihr abheben
[4] auftauchen: (hier) jemand / etwas wird überraschend sichtbar
[5] verzichten: freiwillig ohne jemandes Hilfe, Anwesenheit o.Ä. bleiben bzw. etwas freiwillig nicht (mehr) benutzen, nehmen, tun o.Ä.
[6] der Schwenk: eine (meist schnelle) Änderung der Richtung
[7] weiden: ein Tier ist auf der Weide(einem mit Gras bewachsenen Stück Land) und frisst Gras
[8] Er ist insgesamt 2850 km lang.
[9] der Fremdenverkehr: das Reisen und der Aufenthalt von Touristen in einem Land, einem Ort, einer Gegend – Tourismus
[10] der Pfahl: ein (dicker) Stab aus Holz, den man mit einem Ende in die Erde schlägt – Pfosten
[11] der Hang: der schräg abfallende Teil eines Berges oder Hügels – Abhang
[12] das Ballungsgebiet: ein Gebiet, in dem viele Menschen nahe beieinander wohnen und in dem oft sehr viel Industrie ist
[13] der (Tal)kessel: ein tiefes Tal, das auf allen Seiten von Bergen umgeben ist
[14] ansässig sein: an dem genannten Ort leben
[15] das Muster-Ländle: (schwäbischer Ausdruck für) „Muster- bzw. Vorbild-Land“
[16] jmdn./etw. im Griff haben: jemanden / etwas beherrschen, unter Kontrolle haben