Gott vertrauen lernen
In Aberdeen / Schottland wurde Oswald Chambers 1874 als achtes von neun Kindern seiner Eltern geboren. In einer christlichen Familie aufgewachsen, lernte er schon früh, Gott kindlich zu vertrauen, und erwartete, daß Gott auch sein Gebet erhört.
Durch den Beruf des Vaters mußte die Familie mehrmals umziehen. Als Oswald 15 Jahre alt wurde, zog seine Familie nach London. Dort besuchte er die Londoner Kunstakademie.
Als er sein Studium beendet hatte, ging er an die Universität von Edinburgh, um weiter Kunst zu studieren. Mit 22 Jahren merkte er dann aber, daß dies nicht seine Lebensaufgabe werden sollte. Er hörte Gott zu sich reden und begann eine Ausbildung an einer kleinen schottischen Bibelschule. 1910 heiratete Oswald, und für die nächsten vier Jahre war er mit seiner Frau verantwortlich für eine kleine Bibelschule in London, die er selbst gegründet hatte.
Die Familie Chambers liebte die wunderschönen Landschaften von Yorkshire und das Hochland von Schottland. Oft wanderte er dort, mit seiner Tochter Kathleen auf dem Rücken, gefolgt von einer Gruppe Bibelschüler. Er liebte Picknicks im „Eßzimmer meines himmlischen Vaters“, wie er es nannte.
Ein schwerer Weg
Dies alles sollte sich jedoch bald grundlegend ändern. Der erste Weltkrieg brach aus, und Oswald fühlte, daß er den Soldaten in Kairo / Ägypten als Pastor dienen sollte. Und auch seine Frau war bereit, diesen schwierigen Weg mitzugehen und ihrem Mann zu folgen. Die ganze Familie brach nach Ägypten auf, als Kathleen erst zwei Jahre alt war. Oswald wurde Militärpfarrer der Britischen Truppen in Zeitoun.
Chambers lebte sein Leben in der Nähe und in der Abhängigkeit Gottes, und er hatte einen wundervollen Sinn für Humor. Eine seiner ersten Bibelstunden in Ägypten trug den Titel: „Was bringt das Gebet?“ Die Hütte war voller Soldaten, die darauf hörten, was die Bibel über das Gebet zu sagen hat. Die meisten von ihnen benutzten den Namen Gottes nur als Fluch, aber langsam begannen sie, ihn zu respektieren und sogar lieb zu haben.
Zum Sterben bereit
Die Soldaten waren oft erstaunt, daß eine Einladung zum Abendessen bei der Familie Chambers keine Predigt einschloß. Oswald machte dies sofort klar: „Jetzt ist es Zeit zum Essen. Später am Abend ist eine Stunde, in der ich predigen werde. Wenn ihr Lust habt, dürft ihr gerne kommen.“ Sicherlich braucht man nicht zu erwähnen, daß die meisten Soldaten auch bei diesem Treffen dabei waren.
Am 17. Oktober 1917 kam Oswald mit großen Bauchschmerzen von einem Abendtreffen heim. Er dachte, die Ursache sei nur ein Magenbazillus, und ging nicht sofort zum Arzt. Am 29. Oktober war er aber so schwer krank, daß er ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Dort wurde eine akute Blinddarmentzündung festgestellt. Eine Notoperation schien erfolgreich, aber später entwickelte sich ein Blutgerinnsel in seiner Lunge, und einige Tage später starb er. Auf dem Telegramm, das aus Kairo in England ankam, stand nur: „Oswald ist in Gottes Gegenwart.“
Kurz bevor er nach Ägypten gegangen war, hatte er einen Freund der Familie besucht und zu ihm gesagt: „Ich gehe nach Ägypten, um den Männern in der Armee zu helfen. Gott hat mir einen Bibeltext gezeigt: Ich bin bereit, geopfert zu werden (2. Tim. 4). Ich weiß nicht, was das bedeutet, aber ich bin bereit.“
Die Frau von Oswald hätte eine stille Beerdigung vorgezogen, aber die Soldaten hatten Oswald so lieb gewonnen und respektiert, daß sie sie davon überzeugten, dies nicht zu tun. Eine Gruppe von 100 Männern begleiteten den Wagen. Offiziere trugen den Sarg. Am Gedächtnisgottesdienst am 18. November nahmen viele von Chambers‘ Mitarbeitern teil; ebenso viele Soldaten, denen er den Weg zu Jesus Christus zeigen durfte und die sich entschieden hatten, Jesus nachzufolgen. Einer dieser Soldaten sang am Ende des Gottesdienstes ein Solo:
„Am Morgen der Auferstehung werden Seele und Körper sich wieder treffen. Keine Trauer mehr, kein Weinen mehr, keine Schmerzen mehr.“
„Mein Äußerstes für sein Höchstes“
Oswald Chambers‘ Frau kehrte mit ihrer viereinhalbjährigen Tochter wieder nach England zurück. Sie wußte nicht, wie sie ohne ihren Ehemann weitermachen konnte und was sie jetzt für eine Aufgabe hatte. Aber schon bald erfuhr sie, daß viele Menschen an den Aufzeichnungen der Predigten von Oswald interessiert waren. Sie hatte alle Predigten in Kurzschrift aufgeschrieben und konnte sie jetzt in Form kleiner Büchlein veröffentlichen.
Das Interesse daran wuchs und damit die Arbeit. Am Anfang verschickte sie alle Post kostenlos und vertraute Gott, daß er ihr das notwendige Geld dafür geben würde. Bald war sie der Überzeugung, daß Gott ihr aufgetragen hatte, ein Buch mit täglichen Lesungen ihres verstorbenen Mannes zu veröffentlichen. Daraus entstand „Mein Äußerstes für sein Höchstes“, ein Andachtsbuch, das seit 1923 immer wieder aufgelegt wurde. In 30 Sprachen ist dieses Buch in der Zwischenzeit übersetzt worden und weitere Übersetzungen werden folgen. Millionen Exemplare sind weltweit verkauft worden, und es ist noch immer eines der meistgekauften Andachtsbücher der Welt.
Oswald Chambers war ein Mann, der sein ganzes Leben Gott hingegeben hatte. Und seine Worte sprechen noch heute viele Menschen an. Er hatte eine sehr persönliche Beziehung zu Gott. Einmal, nach dem Tod eines Freundes, fragte ihn seine Frau: „Ich frage mich, warum Gott seinen Tod zugelassen hat.“ Er antwortete: „Was Gott tut, ist mir nicht so wichtig. Was er (Gott) ist, daß ist wichtig.“ Chambers machte sicher, daß er wirklich sein Äußerstes für Gottes Höchstes gab.
Mary Hutchison, Oswald Chambers Publications Association