300 Jahre Preussen

Vor 300 Jahren entstand der preußische Staat. Auch wenn es Preußen heute nicht mehr gibt, so hat es doch Jahrhunderte lang die europäische Geschichte stark beeinflusst.

Ein Staat wird geboren

Entstanden ist Preußen aus der „Mark Brandenburg“. Das ist das Land rund um die Hauptstadt Berlin, zwischen Elbe und Oder. Seit 1415 regierte hier die Familie der Hohenzollern (bis 1918). Die Mark Brandenburg war ursprünglich nur etwa so groß wie das heutige Bundesland Brandenburg. Langsam dehnte sie sich jedoch in Norddeutschland aus. So gewann der „Große Kurfürst“ Friedrich Wilhelm 1660 das Herzogtum Ostpreußen mit der Hauptstadt Königsberg [1] für Brandenburg.

Weil Brandenburg größer geworden war, wollte der Sohn des Großen Kurfürsten König werden. Deshalb krönte er sich selbst 1701 in Königsberg in Ostpreußen zum König Friedrich I. in Preußen. Damit war der preußische Staat begründet. Bald gebrauchte man den Namen „Preußen“ nicht nur für Ostpreußen, sondern für das ganze bisherige Land Brandenburg. Seinen Namen hat Preußen von dem Volk der Preußen oder „Pruzzen“, die früher im Gebiet Ostpreußens wohnten.

Preußen – Militär- und Rechtsstaat

Die späteren Könige haben Preußen immer mehr militärisch verstärkt und vergrößert, es wurde eine Großmacht. Besonders Friedrich der Große (1740-1786) tat viel dafür. Gleichzeitig aber begründete er auch den Rechtsstaat. Und „gerecht zu sein“, war damals sehr fortschrittlich!

In Preußen sollte jeder dem Staat dienen, vom König bis zum einfachsten Mann [2]. Die Einwohner mussten der Regierung gehorchen. Sie hatten nicht so viele Freiheiten wie die Menschen in zahlreichen anderen Ländern. Das Militär hatte viel zu sagen. Dafür wurden Eigenschaften wie Fleiß, Pflichterfüllung, Bescheidenheit [3] und Einsatz für andere für wichtig gehalten.

Andererseits war Preußen in manchem auch ein liberaler Staat. So nahm es Asylanten aus allen Ländern auf. Schon früh durften hier alle Religionen ihren Glauben frei praktizieren[4].

Preußen war ein Staat wie alle anderen deutschen Staaten, z. B. Bayern und Sachsen. Aber es wuchs immer mehr. Schließlich gehörte der größte Teil Norddeutschlands zu Preußen.

Das deutsche Reich

Im 19. Jahrhundert wollten die Deutschen, dass sich die einzelnen von Fürsten regierten deutschen Staaten zu einem einzigen deutschen Reich zusammenschließen. Preußen als größter und mächtigster Einzelstaat sollte diesen Zusammenschluss herstellen.

Dies gelang dem preußischen Ministerpräsidenten Bismarck. Er gründete 1871, nach einem Krieg gegen Frankreich, das Deutsche Reich. Er vereinigte in diesem Reich alle einzelnen deutschen Staaten unter der Führung Preußens. Der preußische König wurde gleichzeitig deutscher Kaiser, seine Hauptstadt Berlin wurde die Hauptstadt Deutschlands.

So hatte Preußen jetzt zwar die Führung in Deutschland. Aber es hatte, wie die anderen deutschen Staaten, seine bisherige Selbständigkeit zum größten Teil an das neu gegründete Deutsche Reich abgegeben.

Nach dem 1. Weltkrieg (1914-1918) wurde der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II., wie auch die anderen deutschen Fürsten, vertrieben. Deutschland wurde eine Republik. Preußen bestand als größtes Bundesland in der neuen Republik weiter.

1933 kam der Diktator Hitler in Deutschland an die Macht. Er zwang alle Deutschen, ihm zu gehorchen. Jeder Deutsche sollte sich für sein Land aufopfern [5]. Er machte Deutschland militärisch stark. Hitler tat dabei so, als wenn er ebenso dachte und handelte wie das alte Preußen. Deshalb haben nach dem 2. Weltkrieg 1947 die Sieger den Staat Preußen aufgelöst.

Preußen – ein Vorbild ?!

Preußen hatte manches Gefährliche und Schlechte, aber auch viel Gutes. Viele beurteilen Preußen heute kritisch. Sie meinen, Hitler habe nur aufgrund der alten preußischen Eigenschaften wie Gehorsam und Pflichterfüllung seine schreckliche Herrschaft ausüben können.

Aber kann man denn z. B. die Sozialdemokratie für den Kommunismus mit seinen millionenfachen Opfern verantwortlich machen, weil der Kommunismus sich aus der Sozialdemokratie heraus entwickelt hat? Ebenso wenig kann man das alte Preußen mit seinen Eigenschaften für Hitler und seine Verbrechen verantwortlich machen.

Im Gegenteil, Preußen kann uns heute in manchem sogar ein Vorbild sein. Heute betont man sehr die Freiheit des Einzelnen und fördert damit seinen Egoismus. Darin können wir von Preußen nur lernen, das besonders auf Fleiß, Bescheidenheit und Einsatz für andere wert legte.

Hans Misdorf

 

Informationen zum Preußen-Jahr im Internet:
www.preussen-2001.de
http://www.preussenchronik.de/

 

[1] heute: Kaliningrad
[2] Friedrich der Große sah sich selbst als „erster Diener des Staates“.
[3] die Bescheidenheit: mit wenig zufrieden sein, nur geringe Ansprüche haben
[4] praktizieren: etw. im Alltag anwenden
[5] aufopfern: (hier) sein Leben ganz in den Dienst einer Person / Sache stellen