Die Museumsinsel in Berlin****

Es ist ein Ort, an dem sich Geschichte, Kunst und prachtvolle Architektur begegnen. Das Alte Museum, von Karl Friedrich Schinkel erbaut – ein Pantheon, mitten in Berlin. Oder um die Ecke, das Pergamonmuseum: Wenn wir uns einen Moment auf die rekonstruierten Stufen des Pergamonaltars setzen und uns in den Kampf der Giganten gegen die griechischen Götter auf dem antiken Altarfries vertiefen, wird die Welt der alten Griechen für uns wieder lebendig. Nur ein paar Meter weiter schreiten wir ehrfurchtsvoll[1] durch das leuchtend blaue Ischtartor, das einst ins Babylon des Nebukadnezar führte. Und dann gibt es die Begegnung mit Riemenschneiders geschnitzten spätgotischen Evangelisten im Bodemuseum, mit Schadows marmornen Preußenprinzessinnen in der seit 2001 renovierten Alten Nationalgalerie. Und natürlich: mit der „schönsten Berlinerin“. Nichts als Kalkstein und Gips, und doch zieht uns ihr Blick aus einem Auge in die Tiefen der Jahrtausende: Nofretete.

Seit 2005 residiert die weltberühmte Büste der ägyptischen Königin wieder im Alten Museum. 2009 wird Nofretete noch ein letztes Mal umziehen, in ihr ursprüngliches Berliner Zuhause: das Neue Museum. Verwirrt von so vielen Museen? Sie alle stehen auf einem knappen Quadratkilometer. Auf einer Insel mitten in der Spree, im Herzen der deutschen Hauptstadt, einer Insel der Künste und der Menschheitsgeschichte.

Der bedeutendste Museumskomplex der Welt

Durch 6000 Jahre Kultur führen uns die Sammlungen der fünf großen Häuser auf der Museumsinsel. Zusammen aber sind sie der wohl „bedeutendste Museumskomplex auf der Welt“, wie Neil MacGregor, Direktor des British Museum, schwärmt[2]: das Alte Museum mit der Antikensammlung und vorübergehend auch dem Ägyptischen Museum; die Alte Nationalgalerie mit Gemälden und Skulpturen des 19. Jahrhunderts; das Pergamonmuseum mit Antikensammlung, Vorderasiatischem Museum und dem Museum für Islamische Kunst; das Bodemuseum, das wie ein Dampfer mit abgerundetem Bug und mächtiger Kuppel an der nördlichsten Spitze der Insel in die Spree ragt. Es beherbergt die bedeutendste Sammlung zur Entwicklung der europäischen Skulptur. Und schließlich das Neue Museum, jahrzehntelang eine schmerzhafte Kriegsruine. Die Restaurierung läuft auf Hochtouren[3], 2009 soll das Museum wieder für das Publikum eröffnet werden.

Die größte Kulturbaustelle Europas

Die Museumsinsel, seit 1999 ausgezeichnet als Unesco-Welterbestätte, ist eine nahezu unerschöpfliche Schatzkiste – und zugleich ist die Insel heute die größte Kulturbaustelle Europas: Bis 2015 wird es mindestens dauern, bis der ehrgeizige Plan für die Sanierung der fünf Museumshäuser vollständig umgesetzt sein wird. Die deutsche Wiedervereinigung 1990 machte es möglich, dass die nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen West und Ost geteilten Berliner Sammlungen hier an ihrem alten Ort wieder zusammenkommen und dass aus dem historischen, von den Preußenkönigen Anfang des 19. Jahrhunderts in Auftrag gegebenen Museumsquartier eine Museumslandschaft nach modernsten Maßstäben werden kann. 1822 legte der berühmte Baumeister des Klassizismus, Karl Friedrich Schinkel, die ersten Pläne für die Bebauung der nördlichsten Spreeinsel vor. Heute hat der britische Stararchitekt David Chipperfield die Federführung übernommen. Er wird vier Museumshäuser über eine „Archäologische Promenade“ im Sockelgeschoss verbinden, auf der die Besucher von Haus zu Haus gehen können, ohne ins Freie zu treten. Wenn der Komplex fertig ist und alle Museen geöffnet sein werden, muss die Insel vier Millionen Besucher im Jahr aufnehmen können. Daher plant Chipperfield einen zusätzlichen Eingangsbau: Die James-Simon-Galerie, benannt nach einem der großen Mäzene, wird das Hauptportal zur Museumsinsel sein. Hier sollen die Besucherströme verteilt werden, hier wird es Cafés, Geschäfte und all das geben, was zeitgemäße Museumsarchitektur eben auch braucht.

Schon bei der lange ersehnten Wiedereröffnung des Bodemuseums im Oktober 2006 war das Interesse der Berliner und der Berlin-Besucher sehr groß. Geduldig standen sie Schlange, um die frisch renovierte, prachtvoll strahlende Wunderkammer mit der Skulpturensammlung von der Antike bis um 1800 zu sehen. Die Museumsinsel ist auf jeden Fall einen Besuch wert!

Janet Schayan (leicht gekürzt) ©Deutschland magazine www.magazine-deutschland.de

www.museumsinsel-berlin.de

Museen in Deutschland

Rund 6000 Museen gibt es in Deutschland – davon allein 600 Kunstmuseen.

 

Hamburg
Von den Alten Meistern über zeitgenössische Kunst bis zu Fotografie in den Deichtorhallen reicht das Spektrum der Hamburger Kunstmeile.www.tagderkunstmeile.hamburg.de

Frankfurt
An beiden Seiten des Museumsufers am Main reihen sich 13 Kunst- und Kulturmuseen aneinander. Vom 24. bis 26. August 2007 findet das Museumsuferfest, eines der größten Kulturfeste in Europa, statt.

Bonn
In nur wenigen Jahren ist in Bonn mit dem Kunstmuseum, der Bundeskunsthalle und dem Haus der Geschichte eine eindrucksvolle Museumsmeile entstanden. www.bonn.de

Dresden
Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit ihren elf Museen – darunter die Gemäldegalerie Alte Meister im Zwinger und das neu eröffnete Grüne Gewölbe mit den Juwelen der Sachsenherrscher – ziehen jedes Jahr 1,5 Millionen Besucher an. www.skd-dresden.de

München
Für die zahlreichen Höhepunkte im Kunstareal München mit den weltberühmten Pinakotheken und dem Lenbachhaus sollte man mehrere Tage einplanen. www.pinakothek.de

Kassel
Die fleißig zusammengetragenen Sammlungen der Landgrafen und Kurfürsten von Hessen-Kassel mit einer beeindruckenden Gemäldesammlung Alter Meister sind einen Ausflug nach Nordhessen wert. www.museum-kassel.de

Weimar
Das Schlossmuseum beherbergt eine hochkarätige Sammlung mit Werken von Lucas Cranach und Albrecht Dürer. Zeitgenössische Kunst zeigt das Neue Museum in einem repräsentativen Neorenaissancebau.www.kunstsammlungen-weimar.de

Leipzig
Die Messestadt beherbergt im Museum der Bildenden Künste mit 2700 Werken eine der ältesten, größten und wertvollsten bürgerlichen Kunstsammlungen mit europäischer Malerei. Mit über 500 Arbeiten sind Künstler aus der DDR vertreten.

Neuss
Der spektakuläre Museumsbau der Langen Foundation auf der Insel Hombroich ist der Rahmen für 300 Werke der Klassischen Moderne und 500 Werke japanischer Kunst. www.langenfoundation.de

Der Artikel erschien in „Der Weg“ 3/2007

 

[1] mit großer Achtung
[2] mit Begeisterung reden
[3] es geht rasch voran